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„Sorry, ich bin krank“ – darauf sollten Angestellte jetzt achten

Krank sein ist nie angenehm – und auch arbeitsrechtlich mit Unsicherheiten verbunden. Muss ich mich sofort melden? Wie lange bekomme ich mein Gehalt? Kann ich wegen Krankheit gekündigt werden? Antworten auf die wichtigsten Fragen hat Minou Hansen bei einem Webinar gegeben. Sie ist Rechtsanwältin, Business Coach und Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung.

Ein grippaler Infekt kommt schnell, vor allem in dieser Jahreszeit. Jetzt gilt es, richtig zu handeln. „Sobald Mitarbeitende arbeitsunfähig sind, müssen sie ihre Arbeitgeberin bzw. den Arbeitgeber unverzüglich informieren, einschließlich der voraussichtlichen Dauer der Erkrankung“, erklärt Minou Hansen. „Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte es eine klare betriebliche Regelung geben, wer wann und auf welchem Weg zu benachrichtigen ist.“

Krankschreibung ab dem ersten oder dem dritten Tag?

Dauert die Erkrankung länger als drei Kalendertage – nicht Werktage –, ist eine ärztliche Bescheinigung erforderlich. In manchen Arbeitsverträgen fordern Chefin oder Chef dies schon früher, oft ab dem ersten Tag der Krankheit. Sie haben die Möglichkeit, Angestellten unterschiedliche Fristen zu setzen, bis zu denen sie eine ärztliche Krankschreibung benötigen.

Gut zu wissen: Mittlerweile kann die Apothekenleitung Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in elektronischer Form (eAU) abrufen. „Es reicht aus, Vorgesetzte darüber zu informieren, dass eine eAU vorliegt und abgerufen werden kann“, so Hansen.

Wie lange wird das Gehalt weitergezahlt?

Laut Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 3 EntgFG) bekommen Angestellte ihr Gehalt bis zu sechs Wochen weiter, wenn sie krank sind und wenn ihr Arbeitsverhältnis länger als vier Wochen besteht. „Wer in den ersten vier Wochen krank wird, hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung, kann aber Krankengeld von der Krankenkasse beantragen“, sagt Hansen.

Bei einer weiteren Erkrankung startet der Anspruch auf sechs Wochen neu – es sei denn, das Leiden tritt während einer bereits bestehenden Arbeitsunfähigkeit auf. In diesem Fall gilt sie als Fortsetzung der ersten Erkrankung, unabhängig davon, ob es sich um eine ganz andere Diagnose handelt oder nicht.

Wer profitiert vom Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)?

Nach längerer Krankheit geht es darum, Angestellten mit Maßnahmen der Wiedereingliederung den Weg zurück in den Job zu erleichtern. Wer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen arbeitsunfähig ist – egal ob am Stück oder in mehreren Zeiträumen –, hat Anspruch auf ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM). Ziel ist, gemeinsam mit der Apothekenleitung Lösungen zu finden, um die Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen und erneute Erkrankungen zu vermeiden. Hansen: „Angestellte müssen am BEM jedoch nicht teilnehmen.“

Sind krankheitsbedingte Kündigungen erlaubt?

Doch nicht nur mit dieser Frage hat sich die ADEXA-Rechtsberatung zu befassen. Oft geht es auch darum, dass sich die Apothekenleitung von erkrankten Angestellten trennen will. „Was viele nicht wissen: Krankheit schützt nicht automatisch vor einer Kündigung“, stellt die ADEXA-Juristin klar.

Eine krankheitsbedingte Kündigung ist zulässig, wenn …

  • eine negative Gesundheitsprognose besteht, es also keine Aussicht auf baldige Besserung gibt,
  • die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers erheblich beeinträchtigt werden,
  • in der Abwägung aller Interessen keine anderen Möglichkeiten bestehen, die Situation zu lösen.

Die Apothekenleitung muss dann keine Abmahnung aussprechen, bevor es zur Kündigung kommt. „Mitarbeitende können die Kündigung jedoch anfechten, wenn das Kündigungsschutzgesetz gilt“, erklärt Hansen. Bei einem fehlenden BEM gehen die Gerichte in der Regel davon aus, dass nicht nach einem milderen Mittel als der Kündigung gesucht wurde.

Krankes Kind: Welche Ansprüche haben Eltern?

Doch Krankheit betrifft nicht nur Angestellte selbst. Sollten betreuungsbedürftige Kinder erkranken, haben Mutter oder Vater ein Recht auf eine Freistellung von der Arbeit. Laut § 45 SGB V können gesetzlich Versicherte unbezahlten Urlaub nehmen und Kinderkrankengeld bei der Krankenkasse beantragen, sofern das Kind unter zwölf Jahre alt ist und keine andere im Haushalt lebende Person die Betreuung übernehmen kann.

Für die Jahre 2024 und 2025 wurde die Anzahl der Kinderkrankentage erhöht:

  • Pro Elternteil und Kind: 15 Arbeitstage (statt der regulären 10 Tage).
  • Für Alleinerziehende: 30 Arbeitstage pro Kind (statt der regulären 20 Tage).
  • Bei mehreren Kindern: Maximal 35 Arbeitstage pro Elternteil und Jahr; für Alleinerziehende bis zu 70 Arbeitstage jährlich.

Diese Sonderregelung gilt bis zum 31. Dezember 2025. Ab 2026 treten voraussichtlich wieder die vorherigen Regelungen in Kraft.

Fazit: Rechte kennen und Stress vermeiden

Minou Hansen rät: „Wer sich krankmeldet, sollte seine Pflichten kennen, aber auch wissen, welche Ansprüche man hat.“ ADEXA-Mitglieder können sich mit allen Fragen ab dem ersten Tag ihrer Mitgliedschaft an die Rechtsabteilung wenden.

Michael van den Heuvel