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09. September 2024

70 Jahre Apothekengewerkschaft: Die Jubiläumsfeier in Hamburg mit Fortbildung

© Christine Prexel (bup-image.de)/ADEXA
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© ADEXA / PTAheute
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Mit 120 Gästen – Mitglieder, Aktive, Team und Gäste aus dem In- und Ausland – feierte ADEXA das 70-jährige Bestehen. Eine tolle historische Location, drei motivierende Vorträge und viele gemeinsame Erinnerungen prägten den Tag. Die Stadtführung am Nachmittag sowie eine Abendveranstaltung für Ehrenamt und Ehrengäste sorgten für interessante Einblicke in die Geschichte der Speicherstadt und danach einen heiter-festlichen Abschluss.

Tanja Kratt und Andreas May freuten sich über eine schon länger ausgebuchte Veranstaltung im Ehemaligen Hauptzollamt. In ihrem Rückblick spannten sie einen weiten Bogen, angefangen von der Gründungsversammlung auf dem Deutschen Apothekertag 1954 in München. In den ersten Vorstand wurde als 1. Vorsitzender der angestellte Apotheker Werner Beneke aus Hamburg gewählt. Deshalb war auch der Sitz des „Bundesverbands der Angestellten in öffentlichen Apotheken (Tarifgemeinschaften)" in Hamburg. Das ursprüngliche Prinzip, ihn jeweils an den Wohnort des 1. Vorsitzenden zu legen, wurde bald wieder aufgegeben. Neben Beneke und drei weiteren männlichen Vorstandsmitgliedern aus Nordrhein, Nord-Württemberg und Niedersachsen war laut Gründungsmitteilung „Fräulein“ Gertrud Naatz aus Hamburg als „Kassenwart“ die einzige Frau im ersten BVA-Vorstand. Mittlerweile ist die derzeitige Doppelspitze Kratt und May die elfte (siehe unten) – und erst seit 2007 gibt es ein hauptamtliches Vorstandsduo.

Tarifverträge, Rechtsberatung, Infos für die Mitglieder

Der erste überregionale Gehaltstarifvertrag trat drei Jahre später in Kraft. Je nach Ortsklasse verdienten Approbierte damals im 1. und 2. Berufsjahr 485 DM bzw. 510 DM. Ab dem 12. Berufsjahr war mit 785 DM bzw. 810 DM die Spitze der tariflichen Gehälter erreicht, ab dem 15. Berufsjahr musste dann ein höheres Gehalt frei vereinbart werden.

Zum Thema Bezahlung zitierte Kratt den Hamburger Vorsitzenden Helmut Petau (1959 bis 1966): „Ein jeder Beruf erhält heute den Nachwuchs, den er verdient und wie er ihn verdienen läßt.“ Dass der Nachtdienst damals noch nicht vergütet wurde, kritisierte Petau im gleichen Jahr mit den Worten „Der unbezahlte Nachtdienst ist der Naturalrabatt des Mitarbeiters an seinen Chef.“

„Der Mitarbeiter“ war auch der erste Name des BVA-Mitgliedermagazins, später abgelöst durch BVA-Spektrum und seit 2003 Spektrum. Neben dem Magazintitel änderten sich auch Format, Farbigkeit und Rubriken. Das Thema Arbeitsrecht jedoch behielt in den sieben Jahrzehnten sowohl in den ADEXA-Medien als auch in der Arbeit der Gewerkschaft seinen zentralen Stellenwert. Das konnte May mit eindrücklichen Zahlen aus den letzten 14 Jahren illustrieren.

Neuer Name, neue Strukturen

Bereits 2004 wurde beim 50. Jubiläum auch der Name BVA abgelöst durch ADEXA – Die Apothekengewerkschaft. Diese Schärfung des gewerkschaftlichen Profils traf zunächst in der Fachöffentlichkeit und sogar unter Mitgliedern nicht auf einhellige Zustimmung.

Wichtig für die ehrenamtliche Arbeit war die Strukturreform, mit der im Jahr 2018 die 17 Landesgruppen mit ehrenamtlichen Vorstands- und Beiratsmitgliedern zu den vier Regionen Nord, West, Mitte & Ost sowie Süd fusionierten. Inspiration und Erfahrungen mit solchen Prozessen kamen damals vom Verband medizinischer Fachberufe, dessen Präsidentin Hannelore König in Hamburg zu den Ehrengästen gehörte.

Eine wichtige Neuerung war 2016 auch die Gründung der JuMis, also einer eigenen Organisation für junge ADEXA-Mitglieder. Bei eigenen Veranstaltungen können sich diese vernetzen. Sie sind aber mittlerweile auch in allen anderen Gremien wie den Regionsvorständen und dem Beirat sowie der Tarifkommission „angekommen“ und aktiv.
Nach einer kurzen Vorstellung des aktuellen hauptamtlichen Teams startete ab 10:30 Uhr der Vortragsteil.

Empowered by myself

Mit einem spontanen Geburtstagsständchen für die erste Referentin Anja Keck wurde gleich zu Beginn eine fröhliche Atmosphäre geschaffen. Keck, die nach ihrer Approbation direkt als Filialapothekerin gestartet war und vielen Approbierten als Autorin bekannt ist, hat sich im letzten Jahr als MasterCoach und systemische Beraterin selbstständig gemacht. Ihr Anliegen sei, dass andere das tun können, wofür ihr Herz schlägt. Die „Dinner-for-One-Frage" lautet: „Was muss ich getan und erreicht haben, um mit 90 Jahren zufrieden auf mein Leben zurückblicken zu können?“
Bei der Umsetzung eigener Ideen und Ziele dürfe man sich nicht von fünf typischen Denkfallen abhalten lassen, warnte Anja Keck:
1.    Ich kann das nicht!
2.    Ich habe keine Zeit!
3.    Das ist zu teuer!
4.    Es muss perfekt sein!
5.    Was sagen die anderen?

Als Buchtipp zur Inspiration empfahl sie das Kinderbuch „Was macht man mit einer Idee?“ von Kobi Yamada und Mae Besom.

Um am Arbeitsplatz die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten auszuloten, seien folgende Fragen hilfreich: Was ist gut und soll auf jeden Fall so bleiben? Was kann ich ändern? Und: Was kann ich nicht ändern?

Körpersprache – wie kann ich mich behaupten?

Die wichtige Funktion von Körpersprache in Situationen, die durch Hierarchien geprägt sind (z. B. Politik, Verhandlungen), machte im zweiten Vortrag Anja Henningsmeyer deutlich. Ihr Beispiel war das unter dem Hashtag #SofaGate bekannt gewordene PR-Fiasko für EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beim Besuch des türkischen Präsidenten, bei dem nur EU-Ratspräsident Charles Michel einen zentralen Sitzplatz neben Erdogan bekam. Für die gleichrangige Politikerin von der Leyen blieb – vor versammelter Presse – nur ein Platz auf dem randständigen Sofa übrig.

Nachdem Henningsmeyer die unterschiedlichen Stile der horizontalen und vertikalen Kommunikation erläutert hatte, konnten die Teilnehmenden in Kleingruppen und mit digitaler Unterstützung in den Austausch über mögliche Lösungen für die Sofagate-Situation gehen.

„Move Talk“, die höchste Stufe der von Dominanz und Revierverteidigung geprägten vertikalen Kommunikation, könne nur mit Move Talk beantwortet werden, also mit kurzen, klaren und unmissverständlichen Gesten und Anweisungen, bis hin zur gezielten Unhöflichkeit. Wichtig sei, nicht zu schnell und unüberlegt zu reagieren oder zu argumentieren. Denn: „Gefährliche Tiere bewegen sich langsam“, so die Erläuterung der Referentin.

Alles ist Beziehung

Um die eigene Beziehung zu Glück und Humor ging es im Vortrag von Dipl.-Psychologin, Coach und Autorin Doris Röschmann. Glück sei eine Entscheidung, ein Moment (möglicherweise für die Ewigkeit) und eine subjektive Erfahrung. Ihr Glücks-ABC lautet:

•    A wie anfangen und aufmerksam werden
•    B wie bewusstmachen und beleuchten
•    C wie checken und chatten

Typische Glücksverhinderer: sich mit anderen vergleichen, undankbar sein, eine materialistische Lebenseinstellung, miesepetrig zu sein und neidisch auf andere.

Humor definierte Röschmann als Lebenseinstellung der heiteren Gelassenheit, der gegen Ärger abpuffert und eine Drehtür von Verzagtheit zur Zuversicht darstelle.

Auch hier gibt es typische Humorbremsen, zum Beispiel: Man will perfekt sein, man möchte von allen gemocht werden, man ist rechthaberisch, verklemmt und nimmt sich selbst zu wichtig.

Stadtführung: Wie entstand die Speicherstadt?

Bei spätsommerlich sonnigem und – für Hamburger Verhältnisse – ungewöhnlich warmem Wetter starteten im Anschluss an die Verabschiedung und Verteilung der Zertifikate fünf Gruppen mit ihren Guides zu einer Führung durch die Speicherstadt und die angrenzende HafenCity mit der Elphi.

Mehr Sichtbarkeit und mehr Gehör!

Beim abendlichen Festakt gab es ab 19 Uhr zunächst zwei Grußworte: DAZ-Herausgeber Peter Ditzel beschrieb die wichtige Rolle der regelmäßigen BVA- bzw. ADEXA-Rubriken in der Deutschen Apotheker Zeitung und der PTAheute, die ganz wesentlich aus dem persönlichen Kontakt der damaligen BVA-Vorsitzenden Margdalene Linz und der ehemaligen PTAheute-Chefredakteurin Reinhild Berger entstanden sind (siehe dazu auch Spektrum 3/2024, Seite 10 ff, oder DAZ vom 28.08.2024, S. 68 ff).

Und in seiner Videobotschaft betonte Georg Ehrmann, politischer Berater für ADEXA, wie gut und schnell sich seit 2023 die Kontakte mit der Gesundheitspolitik auf Bundes- und Landesebene entwickelt haben. ADEXA werde nicht nur gehört, sondern sitze auch mit am Tisch!

Dass Gewerkschaftsmitglieder – und ihre Gäste – gerne und gut feiern, zeigte sich anschließend. Ein rundum gelungenes Jubiläum, das erst gegen Mitternacht sein (offizielles) Ende fand.  

Sigrid Joachimsthaler
        

Die Bundesvorsitzenden von BVA und später ADEXA

1954-1956    Werner Beneke Hamburg
1956-1958    Lutz Schütz, Hamburg
1958-1959    Werner Schmidt, Ludwigsburg
1959-1966    Helmut Petau, Hamburg
1966-1975    Franz Gräser, Fulda
1975-1987    Irmgard Engelke, Hannover
1987-1989    Ruthilde Zasche, München
1989-2000    Magdalene Linz, Hannover
2000-2006    Monika Oppenkowski, Lohbarbek
2007-2016    Barbara Neusetzer, Berlin, und Tanja Kratt, Rickling
Seit 2017      Andreas May, Gundelfingen, und Tanja Kratt


Von BVA zu ADEXA – Die Apothekengewerkschaft    

Der Name ADEXA lehnt sich an lateinische Quellen an:

     

  • dexter: Glück bringend, geschickt, passend
  •  

  • dexteritas: Gewandtheit
  •  

Das X steht für Vielfalt. Das A am Anfang und Ende des Namens assoziiert, angesichts des hohen Anteils von Frauen in den Apothekenberufen, Weiblichkeit.

Literaturtipps zu den Vorträgen

Kobi Yamada, Mae Besom
•    Was macht man mit einer Idee?
•    Was macht man mit einem Problem?
•    Was macht man mit einer Chance?
 

Anja Henningsmeyer

Denn Sie wissen, was Sie tun - Wie Frauen erfolgreich verhandeln
 

Doris Röschmann

Bücher u. a. im Selbstverlag

 

Ein Hinweis: Teilnehmende finden die Skripte sowie weitere Fotos über den Link bzw. QR-Code auf dem ausgelegten Programm.

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