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07. Dezember 2014

Arbeitsmarkt im europäischen Vergleich: Alleinerziehend, berufstätig, arm

In Deutschland besteht rund jeder fünfte Familienhaushalt aus einem alleinerziehenden Elternteil und einem oder mehreren Kindern. Wissenschaftler der Universität Essen-Duisburg haben für Deutschland, Frankreich, Schweden und Großbritannien analysiert, ob und wie sich die Beschäftigungssituation von Alleinerziehenden und ihr Armutsrisiko seit den 1990er-Jahren verändert haben.

Der Anteil erwerbstätiger Alleinerziehender ist gegenüber den 1990ern zwar gewachsen. Doch haben sich die Armutsquoten nicht verringert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ).  

Als Begründung führen die Autoren an, dass der armutsverringernde Effekt einer zunehmenden Erwerbsbeteiligung durch eine Reihe gegenläufiger Einflüsse neutralisiert werde. Dazu trügen ein sinkendes Lohnniveau, insbesondere bei den unteren Lohngruppen, sowie knappe oder sogar reduzierte Sozialleistungen bei. Außerdem hätten Alleinerziehende überdurchschnittlich oft befristete Stellen oder anderweitig unsichere Arbeitsplätze.

Ländervergleich

Die soziale Lage der Frauen allgemein und der alleinerziehenden Mütter ist je nach Land allerdings sehr unterschiedlich. Während in Deutschland und Großbritannien  mehr als ein Viertel der Frauen einen Niedriglohn erhielten, waren es in Schweden lediglich 3 Prozent und in Frankreich 8 Prozent.

Dafür ist die Höhe der Sozialleistungen in Schweden und Frankreich mit rund 50 Prozent des mittleren Einkommens niedriger als in Deutschland und Großbritannien mit etwa 60 Prozent.

Die Arbeitszeiten sind hierzulande bei alleinerziehenden Frauen deutlich höher als bei Müttern in einer Paarbeziehung (siehe Grafik. In Frankreich sind solche Unterschiede dagegen kaum vorhanden.

In Deutschland erhielten 2008 rund 40 Prozent der Alleinerziehenden Hartz IV. Ähnlich sah es in Großbritannien aus, während der Anteil in Frankreich und Schweden nur halb so hoch war. Dort gibt es allerdings für viele Alleinerziehende ein Wohngeld.

Verbesserung muss direkt ansetzen

Die „relative Position“ der Alleinerziehenden am Arbeitsmarkt habe sich im Untersuchungszeitraum 2003 bis 2008 nicht verbessert, obwohl es in den Ländern politische Maßnahmen zur Armutsvermeidung gegeben habe, sagen die IAQ-Forscher. Man müsse also direkt bei den Einkommen der alleinerziehenden Mütter und Väter eingreifen, um die Risiken dieser wachsenden Familienform wirksam zu bekämpfen. Ein Beispiel wären höhere Steuerfreibeträge.

Frauenbranchen besonders betroffen

„Außer staatlichen Eingriffen im Steuerrecht brauchen wir aber auch in der Tarif- und Gesundheitspolitik Bewegung“, kommentiert ADEXAs Erste Vorsitzende die Ergebnisse. „Im Apothekenbereich mit dem hohen Anteil an weiblichen Angestellten gibt es natürlich auch viele Alleinerziehende, die von ihrem Einkommen sich und ihre Kinder finanzieren müssen. Das heißt, es sind höhere Tarifgehälter nötig – und außerdem eine bessere Honorierung der Apotheken.“

Dr. Sigrid Joachimsthaler

Quelle: Böckler Impuls 19/2014

 

Das Armutsrisiko alleinerziehender Mütter betrug 2008:

  • in Deutschland mit Job 18 % und ohne Job 70 %
  • in Frankreich mit Job 16 % und ohne Job 50 %
  • in Schweden mit Job 19 % und ohne Job 53 % 
  • in Großbritannien mit Job 23 % und ohne Job 73 %.

 

 

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