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14. Oktober 2019

Armut durch Pflegebedürftigkeit: Pflegevollversicherung könnte für mehr Gerechtigkeit sorgen

Deutschlands Bevölkerung wird älter, und die Pflegebedürftigkeit steigt. Viele Menschen rutschen in die Armut, weil weder die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung noch eigene Einkünfte ausreichen. Eine neue Studie der Hans-Böckler-Stiftung (HBS) kommt zu dem Ergebnis, dass dieses Risiko durch eine Pflegevollversicherung deutlich gesenkt werden könnte.

Derzeit unterstützt die Pflegeversicherung Patienten nur in Form einer Teilabsicherung. Betroffene müssen selbst tief in die Tasche greifen oder ihre Angehörigen steuern Gelder bei – im Schnitt rund 660 Euro pro Kopf und Monat bzw. bundesweit 8,5 Milliarden Euro pro Jahr. Ist das nicht möglich, droht die Armutsfalle. Wie die Hans-Böckler-Stiftung berichtet, erhält jeder dritte Heimbewohner derzeit Sozialhilfe. Schon lange diskutieren Politiker deshalb über eine Pflegevollversicherung. Prof. Dr. Heinz Rothgang ging der Frage nach, ob diese Möglichkeit realistisch – und finanzierbar – ist.

Soziale Bürgerversicherung verteilt die Lasten gerechter

In einer Studie untersuchten Gesundheitsökonom Rothgang und Co-Autor Dominik Domhoff mögliche Effekte einer „Pflegebürgerversicherung“. Den Simulationen zufolge müssten gesetzlich Versicherte für eine Vollabsicherung rund 65 Euro pro Jahr mehr bezahlen als für das derzeitige Teil-Modell.

Ein wünschenswerter Aspekt: Es käme zu einer sozial verträglichen Staffelung, weil Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen weniger zahlten als Versicherte mit hohem Einkommen. Bei den 50 Prozent aller Versicherten in den untersten Einkommensstufen wären es maximal 50 Euro pro Jahr, bei den oberen 10 Prozent mehr als 100 Euro.

Arbeitgeber müssten der Kalkulation zufolge weitere 25 Euro pro Person und Jahr aufbringen. Rothgang erwartet langfristig stabile Zahlen. Wie er berichtet, läge der durchschnittliche Beitragssatz in einer Pflegevollversicherung Simulationen zufolge im Jahr 2060 um 0,25 Prozentpunkte höher als bei einer Teilversicherung, wie sie aktuell zu finden ist.

Michael van den Heuvel

Quelle: Heinz Rothgang, Dominik Domhoff: Die Pflegebürgerversicherung als Vollversicherung. Beitragssatz- und Verteilungseffekte bei Umwandlung der Pflegeversicherung in eine Bürgerversicherung mit Vollversicherung. Working Paper der Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. Nr. 150, September 2019, online unter https://bit.ly/2mOgT6l  

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