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17. April 2020

Corona-Arbeitszeitverordnung: Änderungen nur einvernehmlich

Am 10. April ist die COVID-19-Arbeitszeitverordnung in Kraft getreten. Befristet bis zum 30. Juni 2020 sind damit u. a. im Gesundheitsbereich Ausnahmen von den üblichen Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes möglich. Eine Bewertung von ADEXA-Juristin Minou Hansen:

Der Gesetzgeber hat die Lockerungen bei Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten und der Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen an strenge Voraussetzungen geknüpft. Zwar können jetzt Arbeitszeiten von bis zu zwölf Stunden täglich vereinbart werden und tägliche Ruhezeiten auf neun Stunden reduziert werden. Aber: Das geht nur im Sinne einer Vereinbarung zwischen den beiden betroffenen Parteien, bei Apotheken also der Apothekenleitung sowie der oder dem einzelnen Apothekenangestellten. Eine einseitige Veränderung von Seiten der Inhaber*in ist nach wie vor nicht möglich.

Generell ist zu beachten: Geltende Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen werden durch die neue Verordnung nicht ausgehebelt. Es können auch jetzt keine neuen Betriebsvereinbarungen abgeschlossen werden, die für die Beschäftigten schlechter sind als die geltenden tariflichen Regelungen. Dieses Vorgehen wird auch nicht durch das Direktionsrecht der Apothekenleitung gedeckt.

Laut Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) und RTV Nordrhein beträgt die regelmäßige Arbeitszeit in Vollzeit 40 Stunden. Wenn die Lage der Arbeitszeiten nicht im Arbeitsvertrag festgelegt wurde, kann die Apothekenleitung die Verteilung auf die Wochentage allerdings bestimmen. Damit wären auch 12-Stunden-Tage möglich – unabhängig von der COVID-19-ArbZV. Die ADEXA-Rechtsabteilung empfiehlt daher generell, die Lage der regulären Arbeitszeiten vertraglich festzuhalten.

Vereinbarung mit jedem Teammitglied einzeln

Was auch möglich ist: Die Apothekenleitung kann im Einvernehmen mit der jeweiligen Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter erweiterte Arbeitszeiten vereinbaren. Achtung: Es geht dabei nicht um eine Vereinbarung mit dem ganzen Team, sondern separat mit jedem einzelnen Teammitglied. Es könnte also sein, dass einige Beschäftigte einer solchen zeitlich befristeten  Änderung zustimmen und andere nicht.

Kommt es zu keiner Einigung, könnte die Apothekenleitung auch eine Änderungskündigung aussprechen. Dies ist jedoch für beide Seiten mit einem Risiko behaftet: für Angestellte, dass im Falle der Nichtannahme der neuen Bedingungen das Arbeitsverhältnis endet, und für die Leitung, dass sie ausgerechnet in der Pandemiezeit eine Fachkraft verliert. Bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (also mindestens zehn Beschäftigte in der Einzelapotheke bzw. im Filialverbund) kann eine Änderungskündigung außerdem gerichtlich überprüft werden.

Jahresarbeitszeitkonto

Möglich ist natürlich auch, mit entsprechender Vorankündigung die Flexibilität des Jahresarbeitszeitkontos (JAZK) nach § 4 BRTV/RTV Nordrhein zu nutzen, sofern dies im Arbeitsvertrag vereinbart wurde (Vollzeit: 29-48 Wochenstunden; Teilzeit: 75-130 % der vertraglichen Arbeitszeit). Für ein neu abzuschließendes JAZK gelten aber die oben genannten Bedingungen der einvernehmlichen Vereinbarung!

Mehrarbeit

Von der Apothekenleitung einseitig angeordnete Mehrarbeit bleibt auch unter der COVID-19-ArbZV eine Ausnahmeoption, die zeitlich begrenzt und durch unvorhersehbare betriebliche  Notfälle begründet sein muss.

Außerdem sind Überstunden ab der 41. Stunde im Falle der Tarifbindung auch während der Corona-Epidemie mit den tariflichen Zuschlägen zu vergüten (§ 8 BRTV/RTV NR). Entsprechendes gilt natürlich auch für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit. 

Minou Hansen

 

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