Die Möhren vor der Nase von PTA und Apothekenleitungen: Ein Kommentar von Elfriede Hoffmann zum Apothekertag

Ministerin Nina Warken (CDU) nehme ich ab, dass sie ehrlich besorgt ist über die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen. Sie kommt aus solch einer Region in meinem Kammerbezirk, hat dort ihren Wahlkreis und kennt daher die Bedingungen.
Was ich nicht glaube: dass ihr die mittel- und langfristigen Auswirkungen für die Patientinnen und Patienten, ja für die Stabilität unseres niedrigschwelligen Beratungs- und Versorgungssystem in den Vor-Ort-Apotheken wirklich bewusst sind.
Der derzeitige Plan aus dem BMG ist daher folgender: Man hänge den PTA eine vage Aussicht auf mehr Verantwortung (und damit vielleicht auch mehr Vergütung) vor die Nase. Und den Inhaberinnen und Inhabern die Aussicht auf „billigere“ Vertretungsoptionen wie bei den ostdeutschen PI und die Chance auf einen „kleinen Urlaub“ ohne den teuren Vertretungsapotheker. Als „Möhren“ für beide Seiten, damit sie ihre Arbeit weiter leisten bei immer noch und weiterhin viel zu „schmaler Kost“.
Lösungen für die bestehenden Probleme sind dies jedoch nicht: Erstens wird das real und auch bei Tarifverhandlungen schmerzhaft fehlende Geld im System, sprich das erhöhte Fixum, frühestens irgendwann 2026 kommen. Wenn überhaupt. Zweitens würden die wenigen neuen „PTAplus“ mit Vertretungskompetenz frühestens in drei oder vier Jahren zur Verfügung stehen! Man denke an den Gesetzgebungsprozess, den Aufbau von Lehrplänen und Bildungsinfrastruktur, die Tarifverhandlungen für die neue Eingruppierung. Von den Vorab-Kosten ganz zu schweigen, die auf Inhaber wie PTA als Investition in die Zukunft zukommen würden. Drittens würde damit ein wichtiges Argument für die hohe Qualität der deutschen Präsenzapotheken entfallen. Wir wissen aus Erfahrung, wohin das führt, und die logistische (nicht fachliche!) Konkurrenz sitzt schon seit vielen Jahren in den Startlöchern
Keine Frage: Bessere Aufstiegschancen für PTA, mehr Wertschätzung für diese wichtige Berufsgruppe, Weiterbildungsoptionen berufsbegleitend oder eine Erleichterung bei einem späteren Pharmaziestudium – das sind Ziele, die jede und jeder (angestellte) Approbierte unterstützen kann und sollte! Aber eben nicht in dieser unseligen Verquickung mit den Einsparungen an der falschen Stelle im Gesundheitssystem!
Mit der Möhre der PTA-Vertretungsbefugnis wird diesen eine Chance vorgegaukelt, aber die hohe Verantwortung und Haftung würde nicht angemessen bezahlt werden. Die Pharmazie-Ingenieurinnen können davon ein Lied singen.
Und nicht zuletzt: Angestellte Apotheker:innen würden noch stärker in andere Branchen drängen bzw. gedrängt werden. Pharmaindustrie, wir kommen! Und der Topf für die pDL würde noch weiter schrumpfen, weil sich die Apotheken weiterhin keine Angestellten mehr leisten können, die sie ausführen könnten. Ein Teufelskreis! Das würde auch die Apotheken im ländlichen Baden-Württemberg nicht retten. Aber das stellt sich dann vermutlich erst nach Ende dieser Legislaturperiode heraus.
Mein Fazit: Wir brauchen weder Möhren noch Verschiebebahnhöfe, wir brauchen echte finanzielle Stärkung, und zwar schnell – für die Mitarbeitenden und im Sinne die Patientinnen und Patienten auf dem Lande, in den Wohnquartieren großer Städte und allen anderen vom Apothekensterben bedrohten Regionen!
Was noch bleibt vom DAT 2025 in Düsseldorf: eine weitgehend sehr offene und konstruktive Diskussionskultur und ein etwas stärker weiblich geprägtes Podium. Das war angenehm und ist für die Zukunft noch ausbaufähig!
Elfriede Hoffmann
Delegierte der LAK Baden-Württemberg und Mitglied im ADEXA-Regionsvorstand Süd
Dieser Beitrag wurde als Gastkommentar jeweils am 25.09.2025 in der PZ 39 (S. 52) und in der DAZ 39 (S. 113) veröffentlicht.





