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28. April 2017

Gedanken zum Ersten Mai 2017

Andreas May, Erster Vorsitzender von ADEXA

Tag der Arbeit – was fällt Ihnen dazu spontan ein? „Gut, dass ich an dem Tag frei habe, es war wieder so stressig zuletzt …“ oder „Wie gut, dass ich einen sicheren Arbeitsplatz habe!“ oder „Bloß nicht an die Arbeit denken – ich fühle mich dort so unwohl“?

Eigentlich sollte es ja etwas Tolles sein: dazu beizutragen, dass Menschen gesund werden oder bleiben – und dafür noch bezahlt zu werden. Und wenn man bedenkt, wie viel besser unsere Arbeitsbedingungen heute sind als im Jahr 1890, als der Erste Mai als Tag der Arbeit zum ersten Mal begangen wurde, dann kann man sich fragen: Brauchen wir diesen Feiertag überhaupt noch?

Ja, vieles ist sehr viel besser geworden, aber es ist auch noch lange nicht alles gut! Viele Löhne und Gehälter sind immer noch zu niedrig, um davon gut leben und zusätzlich eine auskömmliche Altersversorgung aufbauen zu können. Im Apothekenbereich betrifft das insbesondere die PKA. Aber auch PTA tun sich als alleinige Familienernährer/innen schwer.

Und bei den Arbeitsbedingungen gibt es auch noch Luft nach oben. Zum Beispiel, was die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Chancengleichheit von Frauen und Männern im Beruf angeht.

Ein wichtiges Thema für den Tag der Arbeit und die Gewerkschaften ist die Zukunft der Arbeit: das reicht von den Ausbildungsbedingungen (Stichwort PTA und PKA) über das lebenslange Lernen bis zur Digitalisierung und ständigen Erreichbarkeit sowie der Zunahme von prekären, befristeten oder geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen in vielen Branchen (und auch in Apotheken steht hier bei den Minijobs nicht alles zum Besten).

Und besonders brisant ist auch der große Anteil von Arbeitnehmern insbesondere im Dienstleistungssektor, die nicht durch Gewerkschaften vertreten sind und für die keine Tarifverträge gelten. Das hat unterschiedliche Gründe: zum Teil ist es dem Desinteressen der Beschäftigen selbst geschuldet, andererseits liegt es auch an Arbeitgebern, die aus dem Tarifsystem aussteigen oder es von vornherein für überflüssig halten. Inwieweit gerade in Ostdeutschland auch heute noch Ressentiments aus Zeiten der Einheitsgewerkschaft eine Rolle spielen, sei dahingestellt.

Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist es aber auch heute noch besser, sich gemeinsam – eben als Gewerkschaft – für gute und bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen, als auf die eigenen Verhandlungskünste zu setzen. Denn wenn alle so denken würden, gäbe es keine Gewerkschaft und damit keine tariflichen Standards, an denen sich der potentielle Berufsnachwuchs genauso orientieren kann wie gestandene Mitarbeiter.

Wie schwierig das ist, wenn es für eine Berufsgruppe keinen Tarifvertrag gibt, zeigt das Beispiel der Filialapothekenleiter. Hier herrscht große Unsicherheit, was für diese verantwortungsvolle Arbeit angemessen ist – und nicht wenige junge Kolleginnen und Kollegen werden hier effektiv ausgebeutet. Das ist ein Punkt, den die ADEXA-Tarifkommission auf ihrer Agenda für die kommenden Tarifverhandlungen hat.

Wertschätzung – das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt am diesjährigen Ersten Mai: Dabei denke ich zum einen an die Wertschätzung durch die Arbeitgeber. Und zwar sowohl finanziell als auch durch eine Haltung, die dies durch Lob und Verantwortung ausdrückt.

Ich denke aber auch an die Wertschätzung der öffentlichen Apotheken durch die Politik und die Krankenkassen, die sehr zu wünschen übrigen lässt. So werden wir sehenden Auges im Regen stehen gelassen, wenn es um den Rx-Versand geht. Und wir werden im Vergleich zu den Ärzten immer wieder benachteiligt, wenn es um Kompetenzen und Honorierung von Aufgaben wie dem Medikationsplan bzw. dem Medikationsmanagement geht.

Der Erste Mai – er ist also immer noch gut und unverzichtbar, weil wir die Zukunft der Arbeit gestalten müssen. Und weil die Arbeit in der Apotheke unseren ganzen Einsatz verdient, als Gewerkschafter und als Mitarbeiter.

Andreas May

Erster Vorsitzender von ADEXA

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