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08. Januar 2016

Geschlechterstereotype und institutionelle Barrieren im Arbeitsmarkt: Frauenbranchen, Männerdomänen

Erwerbsstätige Frauen konzentrieren sich auf einige wenige Bereiche, bei Männern ist das berufliche Spektrum deutlich größer. Und selbst wenn sich eine Frau einen männerspezifischen Beruf ausgesucht hat, wandert sie später tendenziell eher in eine Frauenbranche ab, als es umgekehrt der Fall ist.

Von den 138 Berufsgruppen in der Klassifikation des Statistischen Bundesamtes weisen nur fünf einen Frauenanteil von über 90 Prozent auf. Im Vergleich sind es 26 Berufe mit einem vergleichbar hohen Männeranteil. 

52 Prozent der weiblichen Berufstätigen arbeiten in einem frauendominierten Beruf. Bei den Männern sind es 58 Prozent. In Feldern, die stark vom anderen Geschlecht dominiert werden, sind dagegen jeweils unter zehn Prozent der männlichen und weiblichen Arbeitnehmer tätig.

„Segregation im Arbeitsmarkt“

Das Ausmaß der Geschlechtertrennung im deutschen Arbeitsmarkt ist groß, so das Ergebnis einer Studie der Hamburger Soziologin Anne Busch-Heizmann. Sie hat dafür aktuelle Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), des Mikrozensus sowie von Befragungen des Bundesinstituts für Berufsbildung und des Bundesamtes für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ausgewertet.

Zwei Gründe führt die Expertin dafür an: zum einen Geschlechterstereotype, die die Berufswahl beeinflussen und zur – positiven wie negativen – Diskriminierung der Geschlechter führen. Zum anderen institutionelle Barrieren wie die Arbeitszeitmuster in Männerberufen, die Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und familiären Verpflichtungen erschweren.

Selbst wer sich als Frau beim Berufseinstieg von solchen beruflichen Geschlechter- und Rollenklischees nicht abschrecken lässt und eine „untypische“ Arbeit ergreift, wechselt im Verlauf des Arbeitslebens häufiger in einen Frauenberuf als umgekehrt (15 Prozent versus 7 Prozent). Bei Männern ist diese Tendenz zum von Geschlechtsgenossen dominierten Berufsfeld sogar noch stärker: Hier wechselten innerhalb von zehn Jahren 18 Prozent aus der Frauen- in die Männerbranche, dagegen nur 4 Prozent in die entgegengesetzte Richtung.

Was tun?

Allein mit Instrumenten wie den alljährlichen Boys‘Days und Girls‘Days wird man diese Spaltung innerhalb des Arbeitsmarktes in Männer- und Frauendomänen wohl nicht überwinden. Um zu einer stärkeren Durchmischung und Ausgewogenheit zu kommen, sind nach Busch-Heizmann vor allem zwei Dinge nötig: In den Männerberufen müsse man weg von der Norm des mindestens Vollzeit arbeitenden Familienernährers  (die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt hier 43,4 Wochenstunden gegenüber 32,7 Stunden in Frauenberufen). Frauenberufe müssten dagegen finanziell existenzsichernd werden, so dass Arbeitnehmerinnen (und ihre Kinder) unabhängig von einem männlichen Ernährer werden.

Außerdem müssten Stereotype über typisch weibliche und männliche Fähigkeiten abgebaut werden, fordert die Studienautorin. 

sjo

Quelle: Anne Busch-Heizmann: Frauenberufe, Männerberufe und die „Drehtür“ – Ausmaß und Implikationen für West- und Ostdeutschland, WSI-Mitteilungen 8/2015 (in: Böckler-Impuls 20/2015)

 

Frauenberufe

  • Medizinische Fachangestellte: 99 % Frauenanteil
  • Hauswirtschaft und Verbraucherberatung: 96 % Frauenanteil 
  • Körperpflege: 90 % Frauenanteil 

Männerberufe

  • Fahrzeug-, Schifffahrt-, Luft- und Raumfahrttechnik: 97 % €Männeranteil
  • Energietechnik: 97 % €€Männeranteil
  • Fahrzeugführung im Straßenverkehr: 93 % €€Männeranteil€

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