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14. Februar 2016

Gesundheits-Apps & Gadgets: Datenkraken machen fette Beute

Wearables, also tragbare Hightech-Messgeräte zur Bestimmung von Vitalparametern, sind beliebter denn je. Ihre Daten gehen an Apps zur Auswertung. Viele Konsumenten sind deshalb skeptisch, wollen aber auf die schöne, neue Technikwelt nur ungern verzichten.

Die Zahl an Fitnessarmbändern, Smartwatches und Gesundheits-Apps steigt in Deutschland rasant an. Einer repräsentativen Umfrage der IT-Branchenverbands Bitkom zufolge nutzen 31 Prozent der Bürger sogenannte Fitness-Tracker. Sie erfassen ihre Körpertemperatur (99 Prozent aller User), Körpergewicht (75 Prozent), die Schrittzahl (62 Prozent) sowie die zurückgelegte Strecke (57 Prozent).

Verbrauchern sind die Risiken durchaus bewusst, wie aktuelle Zahlen des Marktforschungsunternehmens YouGov zeigen. Etwa 32 Prozent befürchteten falsche Messwerte und 31 Prozent unsinnige Gesundheitsratschläge. Beim Thema Datenschutz wurden 39 Prozent pessimistisch, während 28 Prozent hier kein Problem sahen. 32 Prozent kreuzten an, persönliche Gesundheitsdaten gingen niemanden etwas an. Weitere 49 Prozent wollten selber bestimmen, wer ihre Bits und Bytes erhält.

GKVen im Goldrausch

Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder sieht das größte Potenzial von Wearables in der Prävention von Krankheiten und in der medizinischen Versorgung. Er fordert „höchste Standards für Datenschutz und technische Sicherheit“ bei der Datenverarbeitung, warnt jedoch vor allzu restriktiven Bestimmungen: „Die Weitergabe von Daten kann zum Beispiel für individuelle Gesundheitshinweise sinnvoll oder sogar notwendig sein.“ Dünnes Eis: Schon länger plant Generali als Anbieter privater Krankenversicherungen, Daten zu Fitness, Ernährung und Lebensstil von Kunden zu sammeln. Das Unternehmen lockt mit Rabatten auf Beiträge. Generali plant, das Produkt „Vitality“ noch im ersten Halbjahr 2016 anzubieten. Kein Einzelfall: Jens Baas, Chef der gesetzlichen Techniker Krankenkasse, will Daten von Fitness-Trackern über elektronische Patientenakten sammeln – inklusive Zugriffsmöglichkeit der Kasse. Allerdings, so Baas, müsse der Patient „Herr über seine Akte“ bleiben.

Verwendung von Gesundheitsdaten einschränken

Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich besorgt: „Niemand sollte gezwungen sein, seine Fitness überwachen zu lassen.“ Versicherte dürften keine Nachteile haben, weil sie ihre Gesundheitsdaten nicht zur Verfügung stellten. Der Sozialdemokrat hält bei Gesundheitsdaten einen „besonderen Schutz“ für erforderlich. „Es darf nicht sein, dass Informationen über individuelle körperliche oder seelische Schwächen auf dem Datenmarkt die Runde machen. Wir werden deshalb prüfen, die Verwendung bestimmter Gesundheitsdaten auf Grundlage der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung einzuschränken.“

Michael van den Heuvel

 

„Schrittweiser Abschied vom Solidaritätsprinzip“

Ein Kommentar von ADEXAs Erster Vorsitzender Barbara Stücken-Neusetzer

Schon länger befasst sich ADEXA kritisch mit dem System der gesetzlichen Krankenversicherung. Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich derzeit zwar den einheitlichen Beitragssatz von 14,6 Prozent. Einkommensabhängige Zusatzbeiträge gehen aber einzig und allein auf Kosten von Arbeitnehmern. Schlimm genug – jetzt sägen gesetzliche Krankenversicherungen aber auch am Solidaritätsprinzip. Bislang orientiert sich die Beitragsbemessung am Einkommen eines oder einer Versicherten. Persönliche Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen oder Fitness spielen keine Rolle. Der Leistungsanspruch war unabhängig vom gesundheitlichen Status. Hier setzen die Kassen jetzt mit vermeintlich verlockender Technik an, um wertvolle Informationen zu bekommen. Wir appellieren an Heiko Maas, diesen schrittweisen Abschied vom Solidaritätsprinzip zu stoppen. Gleichzeitig sollten Bürgerinnen und Bürger von sich aus keine Apps oder technischen Geräte verwenden, falls unklar ist, was mit den Daten tatsächlich passiert.

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