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07. März 2016

GKV: Zurück zur paritätischen Finanzierung - Schlechte Arbeitsbedingungen fördern Krankheiten

Seit 2015 zahlen Angestellte und Arbeitgeber 14,6 Prozent des Einkommens als paritätischen Beitrag zur GKV. Kassenindividuelle Zusatzbeiträge müssen aber einzig und allein die Arbeitnehmer schultern. Dagegen regt sich zunehmender Widerstand bei Parteien und bei Verbänden.

Harald Weinberg von der Linken fordert zusammen mit Fraktionskollegen in einem Antrag: „Zusatzbeiträge abschaffen – Parität wiederherstellen“. Ähnliche Ziele verfolgen Maria Klein-Schmeink und weitere Abgeordnete der Grünen im Dokument „Lasten und Kosten fair verteilen – Paritätische Beteiligung der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber an den Beiträgen der gesetzlichen

Krankenversicherung wiederherstellen“. Florian Blank und Rudolf Zwiener, Forscher bei der Hans-Böckler-Stiftung, nehmen jetzt zum Thema Stellung.

Auch Arbeitgeber profitieren

Zum Hintergrund: Die Regierung hat Arbeitgeberanteile auf Eis gelegt, um zu verhindern, dass „Lohnzusatzkosten im Bereich Krankenversicherung weiter steigen“, heißt es vom Bundesministerium für Gesundheit. Kassenindividuelle, prozentuale Zusatzbeiträge werden allein durch Versicherte finanziert. Experten des GKV-Spitzenverbands gaben für 2015 etwa 0,83 Prozent an; für 2016 rechnen sie mit 1,1 Prozent. „Damit würden auf Versicherte 54 Prozent des Beitrags entfallen, auf die Arbeitgeber 46 Prozent“, schreiben Blank und Zwiener. In der sozialen Pflegeversicherung „bezahlten“ Arbeitnehmer in allen Bundesländern außer in Sachsen mit einem gestrichenen Feiertag. An dieser Ungleichheit stören sich die Experten der Hans-Böckler-Stiftung. Sie weisen darauf hin, dass Chefs ebenfalls von Leistungen profitieren, um die Arbeitsfähigkeit ihrer Beschäftigten wiederherzustellen. Ohnehin führen sie Krankheiten „in erheblichem Maße“ auf schlechte Arbeitsbedingungen zurück. Wirtschaftliche Einwände lassen sie nicht gelten. Deutschland sei innerhalb der Europäischen Währungsunion (EWU) „nicht zu wenig, sondern übermäßig konkurrenzfähig“. Als Grund führen Blank und Zwiener die vergleichsweise geringen gesamtwirtschaftlichen Lohnsteigerungen seit Beginn der EWU an. Maßnahmen zur Entlastung der Arbeitgeber kämen mit hinzu.

GKV auf tönernen Füßen

Noch ein Blick auf langfristige Trends bei GKVen. Deren Ausgaben lagen 2014 bei schätzungsweise 7,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ein Jahr zuvor waren es rund 6,9 Prozent, und 2012 etwa 6,6 Prozent. Sie sind im Zeitverlauf nur geringfügig gestiegen – weitgehend parallel zum BIP. „Diese Entwicklung der GKV-Ausgaben ist jedoch problematisch, wenn die Beitragsgrundlage – die Erwerbseinkommen – über einen längeren Zeitraum nicht entsprechend den Gesundheitsausgaben wachsen (sinkende Lohnquote, Arbeitslosigkeit) und zudem höhere Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze überproportional zunehmen“, heißt es im Report. Anstatt das Ausgabenwachstum einseitig auf Versicherte abzuwälzen, wäre es sinnvoller, über neue Modelle der Beitragsgestaltung zu sprechen. Florian Blank und Rudolf Zwiener kommt hier die Bürgerversicherung in den Sinn. Dieses Modell würde sich auch eignen, um Folgen einer zunehmenden Einkommensspreizung zu korrigieren. Nicht zuletzt bleibt als Forderung an die Bundesregierung, über stabile Beteiligungen für mehr langfristige Planbarkeit zu sorgen.

Michael van den Heuvel

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung: http://bit.ly/1VUt6vZ

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