06. November 2017
Inhalatortechnik und Atemwegsinfekte: alles andere als banal
Wie in den Vorjahren war der Leipziger Fortbildungstag 2017 ausgebucht. Passend zur Saison ging es um die Beratung von Patienten mit Problemen der unteren Atemwege. Als arbeitsrechtliches Thema stand die Pflege von nahen Angehörigen auf dem Programm.
ADEXA-Juristin Minou Hansen begann ihren Vortrag mit einem Überblick über die Vorteile der Mitgliedschaft bei ADEXA und einer Botschaft, die vor allem Teilnehmer aus Sachsen gefreut haben dürfte: Es gibt positive Signale in Sachen Tarifvertrag für den Kammerbezirk. 2018 werden voraussichtlich Gespräche über ein zu entwickelndes Tarifmodell aufgenommen. Dann könnten künftig auch sächsische Mitarbeiter von Tarifbindung und tariflichen Arbeitsbedingungen profitieren – in Zeiten von Nachwuchs- und Fachkräftemangel auch für die Arbeitgeber im Freistaat ein Schritt in die richtige Richtung.
(Tarif)politischer Gestaltungsbedarf
Anschließend ging es um die gesetzlichen und tariflichen Ansprüche von Apothekenangestellten, die ihr akut krankes Kind oder einen pflegebedürftigen Angehörigen zu versorgen haben. Da einige der Ansprüche bisher nur in Betrieben ab einer Größe von 15 (Pflegezeitgesetz) bzw. 25 Beschäftigen (Familienpflegezeitgesetz) bestehen, haben sowohl die Tarifparteien der öffentlichen Apotheken wie auch die Bundespolitik hier noch ein Feld, das es zu bearbeiten gilt, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern.
„Schlucke nichts, was du inhalieren kannst“
Dr. Alexandra Wewel, Fachärztin für Innere Medizin und Pneumologie aus Hamburg, machte anschließend deutlich, wie groß der Erklärungsbedarf bei Inhalatoren ist und wie vielfältig die Modelle und Tücken ihrer Handhabung sind. Merke: Ein guter Wirkstoff allein reicht nicht aus. Zumal selbst bei fehlerfreier Inhaliertechnik in der Regel nur etwa 20 (bis 50) Prozent der Substanzen die Bronchien erreichen. Mit Videos und viel Anschauungsmaterial wurde die Anwendung unterschiedlicher Geräte erläutert. Auch Hygieneregeln spielen eine wichtige Rolle. Bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen sind – neben der Verfügbarkeit von geeigneten Wirkstoffen – u. a. gut lesbare Zählwerke, Handlichkeit und Transportsicherheit sowie Dosiergenauigkeit für Patienten relevant. Und auch bei langjähriger Nutzung macht die regelmäßige Überprüfung in der Apotheke Sinn!
Kein Zusatzverkauf, sondern Komplettversorgung!
Phytopharmaka bei banalen Atemwegserkrankungen sind keine „Zusatzverkäufe“ so wie die Schuhcreme bei neuen Winterstiefeln, betonte Apothekerin Margit Schlenk in ihrem Vortrag. Vielmehr geht es darum, dem Patienten so früh wie möglich sinnvolle Empfehlungen gegen Infekte und für die Immunabwehr zu geben – als Komplettversorgung! Dabei muss man natürlich über ein entsprechendes Expertenwissen zu den jeweiligen Inhaltsstoffen und ihren Wirkmechanismen verfügen, sowie den Patienten in seiner Individualität beachten. Vier Beispiele:
- Acetylcystein sollte nur als Inhalation verwendet werden, denn oral gibt es keine Bioverfügbarkeit in den Nebenhöhlen und Bronchien.
- Bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen ist Echinacea nicht angeraten. Eibisch und Kamille sind Alternativen, die nur das unspezifische Immunsystem anregen.
- Zink mit seinen antiviralen Eigenschaften sollte immer abends genommen werden, denn die zinkabhängigen Prozesse laufen über Nacht ab.
- Besteht eine Schwangerschaft? Dann keine Phytos im ersten Trimenon!
Zum Gelingen des Tages trug – neben den fachlichen Vorträgen – wie immer auch die tolle Atmosphäre in der Ruth-Pfau-Schule mit ihrem beeindruckenden Hörsaal bei, sowie die Erinnerungen an frühere Ausbildungsjahre bei vielen der teilnehmenden PI und PTA.
Sigrid Joachimsthaler
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