News

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>

25. Oktober 2014

Neue Gesetze rund um die Pflege: Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatz geplant

Am 17. Oktober hat der Bundestag das erste von zwei Pflegestärkungsgesetzen aus dem Haus von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) beschlossen. Kurz vorher hatte das Bundeskabinett bereits einen Gesetzentwurf zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf von Familienministerin Manuela Schwesig und Arbeitsministerin Andrea Nahles (beide SPD) abgenickt. Nach wie vor fehlt aber die seit langem geforderte Neudefinition des Begriffs der Pflegebedürftigkeit, die auch kognitive Einschränkungen bei Demenzkranken erfasst.

Beide Gesetze sollen am 1. Januar 2015 in Kraft treten, wobei die Neuregelung von Pflegezeit und Familienpflegezeit erst noch den parlamentarischen Abstimmungsweg beschreiten muss.

Ansprüche – aber nicht für alle

Schwesigs Gesetzentwurf sieht vor, dass Arbeitnehmer für die bis zu zehntägige Auszeit bei akutem Pflegebedarf künftig eine Lohnersatzleistung ähnlich dem Kinderkrankengeld erhalten können: Das sogenannte „Pflegeunterstützungsgeld“ soll etwa 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts betragen. Bisher gab es für diese kurzzeitige Arbeitsverhinderung lediglich einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung. Das Geld dafür soll aus der Pflegekasse genommen werden.

Da passt es gut, dass mit dem bereits verabschiedeten, ersten Pflegestärkungsgesetz ab 2015 rund 3,6 Milliarden Euro jährlich mehr zur Verfügung stehen. Grund ist die Anhebung der Pflegeversicherungsbeiträge um 0,3 Prozentpunkte zum 1. Januar 2015.

Das Pflegeunterstützungsgeld soll für Arbeitnehmer aller Unternehmensgrößen gelten. Dagegen sind alle weiteren Ansprüche für Pflegezeit und Familienpflegezeit im geplanten Pflegezeitgesetz für Betriebe vorgesehen, die in der Regel mehr als 15 Personen beschäftigen.

Erweiterung des Begriffs „nahe Angehörige“

Außerdem soll mit dem Gesetz der Kreis der zu pflegenden nahen Angehörigen erweitert werden: Künftig werden auch Stiefeltern, Schwägerinnen und Schwager sowie Partner in lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften einbezogen. Bisher gelten die Regelungen für Großeltern und Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten oder Partnern einer eheähnlichen Gemeinschaft sowie für Geschwister, Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder des Ehegatten oder Lebenspartners sowie Schwieger- und Enkelkinder.

Pflegezeit und Familienpflegezeit

Während der bis zu sechsmonatigen Pflegezeit können Berufstätige ihre Arbeitszeit reduzieren oder sich vollständig freistellen lassen. Sie haben in dieser Zeit Anspruch auf ein zinsloses Darlehen, das nach Ende der Pflegezeit zurückgezahlt werden muss. Das Darlehen wird in monatlichen Raten ausgezahlt und deckt die Hälfte des durch die Arbeitszeitreduzierung fehlenden Nettogehalts ab. Von der Ankündigung bis zum Ablauf der Pflegezeit besteht Kündigungsschutz!

Bei der Familienpflegezeit besteht künftig ein Rechtsanspruch, die eigene Arbeitsleistung bis zu 24 Monaten auf eine Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden zu reduzieren. Wie bei der Pflegezeit soll es auch hier einen entsprechenden Anspruch auf ein zinsloses Darlehen und Kündigungsschutz geben.

Bis zu 24 Monate

Arbeitnehmer können die Freistellungsmöglichkeiten bis zu maximal 24 Monate auch kombinieren.

Außerhäusliche Betreuung von Kindern und Sterbenden

Neben der Pflege in häuslicher Umgebung als Regelfall schließt der Gesetzentwurf auch den Fall ein, dass pflegebedürftige minderjährige Kinder außerhäuslich betreut werden oder schwerstkranke Angehörige in der letzten Lebensphase bis zu drei Monaten außerhäuslich begleitet werden.

Die Opposition fordert mehr

Die Links-Partei sieht in dem Gesetzentwurf zwar einen Schritt in die richtige Richtung, hält aber eine bezahlte Pflegeauszeit von sechs Wochen statt zehn Tage für nötig.

Fakt ist, das von den rund 2,6 Millionen pflegebedürftigen Personen etwa 1,89 Millionen in häuslicher Umgebung betreut werden – davon zwei Drittel durch Angehörige. Künftig wird der Bedarf, Beruf und Pflege zu vereinbaren, noch zunehmen. Denn einerseits steigt in unserer alternden Gesellschaft die Zahl der Pflegebedürftigen. Und andererseits sind Frauen, die den überwiegenden Teil der häuslichen Pflege leisten, immer häufiger berufstätig – und vielfach auch auf  das Einkommen angewiesen.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

 

Pflegestärkungsgesetz 1- Bessere Leistungen für die häusliche Pflege

  • Die Leistungen der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege steigen und können in Zukunft besser miteinander kombiniert werden. Kurzzeitpflege: acht statt bisher vier Wochen pro Jahr, Leistung erhöht sich von 3.100 Euro auf 3.224 Euro. Verhinderungspflege: sechs statt bisher vier Wochen, und bis zu 2.418 Euro statt bisher 1550 Euro.
  • Die Zuschüsse für Umbaumaßnahmen steigen von maximal 2.557 Euro auf bis zu 4.000 Euro pro Maßnahme und für Pflegehilfsmittel von 31 Euro auf 40 Euro je Monat.

Mehr Infos unter http://bit.ly/Z9uO5C. 

 

Zitiert

„Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben den berechtigten Anspruch, Privatleben und Arbeit in Einklang zu bringen. Wir können es uns vor dem Hintergrund zunehmender Fachkräfteengpässe nicht leisten, dass diese Menschen vom Arbeitsmarkt abgehängt werden."

Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>