News

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>

08. Mai 2017

Proteinmangel, Priscus-Liste, Pflegezeitgesetz: Senioren im Fokus beim 7. ADEXA-Gewerkschaftstag

ADEXAs Erster Vorsitzender Andreas May begrüßte in Mainz rund 80 TeilnehmerInnen zum 7. Erlebnis- und Gewerkschaftstag (Foto: ADEXA/sjo)
Virtueller Spaziergang: Die 2.000-jährige Mainzer Geschichte trägt zum Charme des Stadtbildes bei (Foto: ADEXA/sjo)
Im Mittelpunkt des zertifizierten Fortbildungsprogramms stand die Beratung älterer Patienten in der Apotheke (Foto: ADEXA/sjo)
Als ersten Referenten begrüßte Andreas May den Apotheker und Heilpraktiker Dr. Oliver Ploss (Foto: ADEXA/sjo)
Apotheker und Heilpraktiker Dr. Oliver Ploss ist vielen ADEXA-Mitgliedern von den Leipziger Fortbildungstagen bekannt (Foto: ADEXA/sjo)
Dr. Oliver Ploss mit Minou Hansen, die das Fortbildungsprogramm auch nach Wünschen der Vorjahresteilnehmer zusammengestellt hatte (Foto: ADEXA/sjo)
Die Oecotrophologin Dr. Bettina Dörr zeigte, wie schnell ältere Menschen in einen gesundheitsgefährdenden Eiweißmangel geraten können (Foto: ADEXA/sjo)
Dr. Bettina Dörr mit ADEXA-Juristin Minou Hansen (Foto: ADEXA/sjo)
Andreas May mit Dr. Michael Jamour, Chefarzt der Geriatrie im Alb-Donau-Klinikum in Ehingen (Foto: ADEXA/sjo)
Der Vortrag von Dr. Michael Jamour richtete sich insbesondere an die Approbierten, PTA und PI beim Gewerkschaftstag (Foto: ADEXA/sjo)
Leider sind 18 Arzneimittel bei älteren multimorbiden Patienten keine Rarität, so ein Fallbeispiel aus der klinischen Praxis des Geriaters (Foto: ADEXA/sjo)
Aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer beim Thema Multimedikation in Mainz (Foto: ADEXA/sjo)
Die Fortbildung war mit 8 Punkten akkreditiert (Foto: ADEXA/sjo)
Dr. Michael Jamour machte deutlich, wie wichtig die Abstimmung der Therapieziele mit dem Patienten ist (Foto: ADEXA/sjo)
Die Zusammenarbeit zwischen Apotheker und Arzt muss gestärkt werden, wünschte sich ADEXA-Vorstand Andreas May (Foto: ADEXA/sjo)
Wie ältere Menschen ihre Zähne gesund halten können, zeigte der praxisnahe Vortrag für PKA von Debora Mastrangelo aus Kiel (Foto: ADEXA/sjo)
Prothesenträger brauchen besondere Pflegetipps (Foto: ADEXA/sjo)
Die Referentin hatte viel Anschauungsmaterial mitgebracht (Foto: ADEXA/sjo)
ADEXA-Juristin Minou Hansen zeigte, wie es um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege naher Angehöriger bestellt ist (Foto: ADEXA/sjo)
Für die Betreuung kranker Kinder gibt es neben den gesetzlichen auch tarifliche Ansprüche (Foto: ADEXA/sjo)
Zwei Ansprechpartner der ADEXA-JuMis in Mainz (Foto: ADEXA/sjo)
Impressionen aus Mainz: Apotheke gegenüber dem Dom (Foto: ADEXA/sjo)
Fastnachtsbrunnen auf dem Schillerplatz (Foto: ADEXA/sjo)
Johannes Gutenberg, berühmtester Sohn der Stadt Mainz: Denkmal vor dem Gutenberg-Museum (Foto: ADEXA/sjo)
Skulptur vor dem Mainzer Rathaus (Foto: ADEXA/sjo)
Blick durch die Skulptur "Lebenskraft" von Andreu Alfaro auf dem Jockel-Fuchs-Platz zum Dom (Foto: ADEXA/sjo)

Rund 80 Apothekenangestellte aus dem ganzen Bundesgebiet waren am 6. Mai zum ADEXA-Erlebnis- und Gewerkschaftstag nach Mainz gekommen. Im Mittelpunkt des Fortbildungsprogramms stand der ältere, oft multimorbide Patient mit dem entsprechenden Beratungsbedarf in der Apotheke: von A wie Alzheimer bis Z wie Zahnprothese.

Außer den Teilnehmern, ADEXA-Aktiven und Referenten begrüßte ADEXA-Vorstand Andreas May besonders die anwesenden Vertreter der JuMis, d. h. der jungen Mitglieder von ADEXA. In seiner einführenden Präsentation lud er zu einem bebilderten Spaziergang durch Mainz mit seiner 2.000-jährigen Geschichte ein.

Naturheilkunde für Senioren

Dr. Oliver Ploss machte anschließend den Anfang mit der Perspektive des Heilpraktikers. Er gab zahlreiche Empfehlungen für pflanzliche Heilmittel, homöopathische Präparate und Schüßler-Salze für die im Alter typischen Diagnosen Demenz, Diabetes, Schlafstörungen, Inkontinenz, Osteoporose, Rheuma, Hypertonie, Katarakt und Ulcus cruris. Mit diesen naturheilkundlichen Mitteln kann die schulmedizinische Therapie unterstützt, Prozesse positiv reguliert und eventuell auch Regeneration erzielt werden.

Trinkfläschchen statt Pralinen als Mitbringsel

Dr. Bettina Dörr legte bei ihrem Vortrag den Schwerpunkt auf den erhöhten Proteinbedarf im Alter. Eiweiß ist in der zweiten Lebenshälfte nicht nur wichtig, um den Abbau von Muskelmasse zu verhindern, sondern kann auch die Wundheilung z. B. bei bettlägerigen Patienten positiv beeinflussen. Die Ernährungswissenschaftlerin empfahl die Nahrungsergänzung durch Proteinpulver und eiweißreiche Trinknahrung, insbesondere, wenn Fleisch bzw. Fisch nicht täglich auf dem Speisezettel stehen. Im zweiten Teil ging es um die ausreichende Versorgung mit Vitamin B12, das im Alter oft substituiert werden muss.

In der Mittagspause kamen die Teilnehmer – darunter viele aktive Gewerkschaftsmitglieder – schnell miteinander ins Gespräch. Anschließend standen zwei Themen für das pharmazeutische und das nichtpharmazeutische Personal zur Auswahl:

„Start low, go slow”

Dr. Michael Jamour, Chefarzt der Geriatrie im Alb-Donau-Klinikum Ehingen, erläuterte den Zuhörerinnen, welche Gefahren die Multimedikation für ältere Patienten mit sich bringt. Fallbeispiele mit 18 oder sogar über 20 Arzneimitteln führen zu einem erheblich erhöhten Risiko von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Sie erschweren aber auch die Compliance und /Adhärenz. Reduzierte Nierenfunktionen im Alter machen Dosierungsanpassungen erforderlich. Manche Arzneimittel gelten auch laut der 2011 veröffentlichten Priscus-Liste als „potentiell inadäquat“. Jamour empfahl außerdem die FORTA-Klassifikation nach Wehling und Burkhardt, bei der Arzneimittel in die vier Gruppen A (eindeutig positive Nutzen-Risiko-Bewertung) bis D (obsolete Substanzen) eingeteilt werden; siehe unten.

„Ein sauberer Zahn wird nicht krank“

Debora Mastrangelo stellte zeitgleich für PKA und andere Interessierte dar, was Senioren mit Unterstützung durch die Apotheke für die Gesundheit ihrer Zähne tun können. Ein wichtiges Thema dabei war naturgemäß die Pflege von herausnehmbarem Zahnersatz und Implantaten. Dafür hatte sie viel Anschauungsmaterial mitgebracht. Aber auch der verminderte Speichelfluss spielt im Alter eine Rolle. Außerdem ging es um die Frage von homöopathieverträglichen Zahnpasten – sowie den Auswirkungen von systemischen Erkrankungen wie Diabetes und Osteoporose und der entsprechenden Dauermedikation auf die Zahngesundheit.

Krankes Kind, Eltern als Pflegefall

Als Abschluss der zertifizierten Fortbildung erläuterte ADEXA-Juristin Minou Hansen die verschiedenen rechtlichen und tariflichen Möglichkeiten, die Angestellte haben, wenn sie kranke Kinder betreuen oder andere nahe Angehörige pflegen müssen – und auch, was sie selbst dabei gegenüber dem Arbeitgeber beachten müssen. Dabei spannte sie zunächst den Bogen von den kurzfristigen Notfällen, für die man nach § 616 BGB unter Gehaltszahlung freigestellt werden muss, über das Kinderkrankengeld für den Nachwuchs unter zwölf Jahren bis zum tariflichen Anspruch, der für Kinder von 12-16 Jahren greift.

In der mittleren Lebensphase, werden dann das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz relevant: bei Akutsituationen wie dem Sturz eines Elternteils gibt es mittlerweile für bis zu zehn Tage ein Pflegeunterstützungsgeld vom Staat, unabhängig von der Betriebsgröße. Letztere spielt jedoch bei der länger andauernden Versorgung von nahen Angehörigen eine Rolle: Der Rechtsanspruch im Pflegezeitgesetz für die teilweise oder vollständige Freistellung bis zu sechs Monate greift erst bei mehr als 15 Beschäftigen, die Stundenreduzierung auf mind. 15 Stunden für maximal 24 Monate im Familienpflegezeitgesetz sogar erst ab mehr als 25 Mitarbeitern. Da in beiden Fällen der Arbeitgeber nicht fortzahlungspflichtig ist, riet Hansen den Zuhörern, sich auch in kleineren Apotheken mit dem Inhaber über eine entsprechende freiwillige Lösung zu verständigen. 

Ausblick

Mit vielen neugewonnenen Erkenntnissen und Empfehlungen sowie der Bescheinigung über 8 Punkte für das freiwillige Fortbildungszertifikat konnten die Teilnehmer am Nachmittag nach Hause fahren – oder bei bestem Wetter noch einen Stadtbummel durch Mainz machen.

Im nächsten Jahr wird der 8. Erlebnis- und Gewerkschaftstag in Hannover stattfinden. Merken Sie sich schon einmal den 9. Juni 2018 in Ihrem Kalender für unser jährliches ADEXA-Highlight vor.

Sigrid Joachimsthaler

 

Literaturtipps und Links zum Fortbildungsprogramm

Martin Wehling und Heinrich Burkhardt: Arzneitherapie für Ältere
Springer, 3. Auflage 2013

Oliver Ploss: Diabetes naturheilkundlich behandeln
GU Ratgeber Gesundheit,  2016

FORTA-Liste
https://www.umm.uni-heidelberg.de/ag/forta/

Leitlinie DGEM: Klinische Ernährung in der Geriatrie
http://www.dgem.de/sites/default/files/PDFs/Leitlinien/S3-Leitlinien/073-019l_S3_Klinische_Ernährung_Geriatrie_2015-12.pdf

Portal des Bundesfamilienministeriums zur Pflege
https://www.wege-zur-pflege.de/startseite.html

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>