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24. Juli 2016

Psychische Gefährdungsbeurteilung – Teil 3: Gefährdungsfaktor Monotonie

Psychische Belastung und Gefährdung wird häufig mit Stress und Überforderung assoziiert. Selten denkt man an mögliche Folgen oder Gefahren aufgrund einer chronischen Unterforderung und Monotonie am Arbeitsplatz.

Monotonie wird generell als Zustand herabgesetzter Aktivität sowie des Erlebens von Müdigkeit und Schläfrigkeit beschrieben. Sie tritt bei gleichförmigen, kommunikationsarmen Tätigkeiten auf, die routinemäßig und stundenlang ausgeführt werden müssen. Im Handverkauf der öffentlichen Apotheke werden Mitarbeiter äußerst selten mit solchen Situationen konfrontiert. Häufiger dagegen können monotone Arbeiten im Bereich der Arzneimittelherstellung und Abfüllung anfallen. Besonders im Bereich der sterilen Herstellung von Arzneimitteln, bei der die Kommunikation mit Kollegen nur begrenzt möglich ist, die Daueraufmerksamkeit auf Seiten des Mitarbeiters gefordert wird und der Bewegungsradius oder die Möglichkeit der spontanen Änderung der Haltung  sehr eingeschränkt sind, können monotone Tätigkeiten den Mitarbeiter psychisch belasten.

Auch erfahrene und engagierte Mitarbeiter, die für eine Tätigkeit überqualifiziert sind, können aufgrund der chronischen Unterforderung ihre Motivation und Freude an der Arbeit verlieren und auf Dauer ihre Arbeitskraft und Engagement reduzieren.

Unfall- und Fehlergefahr durch Monotonie

Analog zum Stresserleben ist auch die Belastung, die durch monotone Tätigkeiten erlebt wird, individuell. Dennoch stellt Monotonie eine potentielle Gefahr dar, da sie sowohl die Leistung mindern als auch die Reaktionsfähigkeit herabsetzen kann. Kurzfristig können Fehler und Unfälle die Folge sein. Langfristig hingegen kann eine chronische Unterforderung und Monotonie zu ähnlichen Beschwerden führen wie eine dauerhafte Überforderung.

Boreout: dauerhaft unterfordert

Im schulischen Bereich hat man die Folgen chronischer Langeweile im Unterricht auf den Erfolg der Schüler bereits früh erkannt. Im beruflichen Kontext sprechen Psychologen von Boreout, der als Folge einer chronischen Unterforderung am Arbeitsplatz definiert wird. Die Forschungen zur chronischen Unterforderung am Arbeitsplatz und ihren Folgen – sowohl für den Betrieb als auch für den Betroffenen selbst – stehen erst am Anfang. Einige mögliche Auswirkungen sind jedoch bereits ermittelt: Der Betroffene zeigt Desinteresse, wird depressiv und mit der eigenen Arbeit unzufrieden. Schließlich reduziert er seine Leistung auf ein Mindestmaß, was sich negativ auf die Effektivität und Qualität seiner Arbeit auswirkt. Ähnlich wie bei einer Überforderung können Fehlzeiten aufgrund gesundheitlicher Beschwerden entstehen und damit zusammenhängend organisatorische Probleme im Betrieb.

Langeweile: Mitarbeiter beklagen sich selten

Das Phänomen Stress ist zu einem Modewort geworden: Keine Zeit zu haben wird heute vielfach als „Normalzustand“ angesehen.

Dagegen klagt selten ein Mitarbeiter über Langeweile oder Unterforderung am Arbeitsplatz. Manche Betroffene entwickeln sogar Strategien, um die erlebte Langeweile am Arbeitsplatz zu verbergen und damit die Konfrontation mit dem Unverständnis im Team oder um mögliche Konsequenzen (Arbeitsplatzverlust) zu vermeiden.

Balance zwischen Unter- und Überforderung

Der „Generalisten-Anspruch“ kann sich, je nach Qualifikation der Mitarbeiter, auf verschiedene Weisen belastend auswirken. Mitarbeiter, die ihren Stärken entsprechend eingesetzt werden, beeinflussen positiv die Qualität der in der Apotheke angebotenen Leistungen. Einfache organisatorische Änderungen und Umstrukturierungen im Team können maßgeblich zur Verringerung der Monotonie und deren Folgen beitragen. Eine rotierende, den Interessen und Stärken der Mitarbeiter entsprechende Aufgabeneinteilung kann Abhilfe schaffen und mittelfristig einen positiven Einfluss auf das Teamklima ausüben.

Im Rahmen der psychischen Gefährdungsbeurteilung sind deshalb die beiden Aspekte (Stress und Monotonie) gleichermaßen zu berücksichtigen, um eine Balance zwischen Überforderung und Unterforderung im Betrieb herzustellen und letztlich dauerhafte Belastungen weitgehend zu reduzieren.

Tatiana Dikta

PTA & B.Sc. Psychologie mit Schwerpunkt Stressmanagement & betriebliches Gesundheitsmanagement

Quelle: Cürten, S., (2013). Boreout-Syndrom und Coaching. Organisationsberatung Supervision Coaching (2013) 20: 473–478

 

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