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29. März 2019

Süd-Ost-Gefälle bei der Lohnlücke: Frauenberufe werden schlechter bezahlt

Von großen regionalen Unterschieden beim sogenannten Gender Pay Gap berichten Forscher vom WSI. Baden-Württemberg ist mit 22,7 Prozent Lohnabstand der negative Spitzenreiter, Brandenburg mit 14,9 Prozent das Bundesland mit der geringsten Lücke. Ein wichtiger Grund sind die unterschiedlichen Gehaltsstrukturen in Berufen mit hohem Frauenanteil wie dem Einzelhandel und Männerdomänen wie der Industrie.

21,0 Prozent beträgt die geschlechtsbedingte Lohnlücke bezogen auf das gesamte Bundesgebiet. Alle süddeutschen Bundesländer sowie auch Niedersachsen und Bremen liegen darüber. Und sämtliche ostdeutschen Bundesländer inklusive Berlin finden sich auf den Rängen mit den geringsten Abständen.

Basis der Untersuchung von Yvonne Lott und Malte Lübke bildeten aktuelle Daten von über 300.000 Beschäftigten aus dem Online-Portal Lohnspiegel.de der Hans-Böckler-Stiftung.

Grund 1: Technische Berufe werden besser bezahlt

Lott und Lübke führen die regionalen Unterschiede unter anderem darauf zurück, dass in typischen Männerberufen wie der Autoindustrie – die in Baden-Württemberg, Bayern, aber auch Niedersachsen stark vertreten ist – deutlich höhere Stundenlöhne gezahlt werden. Solche Industriebranchen mit hohem Männeranteil seien im Osten nach der Wende aber weggebrochen.

Grund 2: Teilzeit und Babypausen

Das ist jedoch nicht der alleinige Grund für das Dilemma. Denn auch in Berufen, in denen den Geschlechteranteil ausgeglichener ist, werden Frauen häufig mit geringeren Gehältern abgespeist. Beispiel Versicherungskaufleute: Weibliche Beschäftigte erhalten hier 21 Prozent weniger – bezogen auf eine 38-Stunde-Woche. Dies liegt laut Lott an niedrigeren Stundenlöhnen bei Teilzeitstellen sowie an familienbedingten Pausen in der Erwerbsbiografie. Und diese sind  im Westen oft noch weiter verbreitet als in Ostdeutschland.

An die Politik richten die WSI-Forscher drei Forderungen: So bestehe immer noch Bedarf beim Ausbau der Kinderbetreuung. Außerdem sollten die Partnermonate beim Elterngeld ausgebaut werden, um Eltern zu motivieren, ihre familiären und beruflichen Aufgaben ausgeglichener aufzuteilen. Und last but not least steht wiederum das Ehegattensplitting in der Kritik.

ADEXA-Vorstand Tanja Kratt: „Auch die sozialen und Gesundheitsberufe – von Ausnahmen wie den Ärzten abgesehen – haben traditionell einen hohen Frauenanteil sowie viele Teilzeitstellen und ein niedriges Gehaltsniveau. Wer heute einen Apothekenberuf ergreift, muss als Frau also sehr darauf achten, dass zumindest alle Tarifstandards eingehalten werden. Eine deutlich übertarifliche Bezahlung ist in vielen Regionen schon ein Muss. Um den eigenen Lebensunterhalt zu sichern und selbst fürs Alter vorzusorgen, kann man sich aber auch keine langen Zeiten mit niedrigen Stundenzahlen oder eine langjährige Familienpause leisten.“ 

sjo

Quelle: Böckler Impuls 5/2019 vom 21. März 2019

Frauen und Erwerbseinkommen

Der Anteil an Frauen, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigener Berufstätigkeit bestreiten, hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Von 2007 bis 2017 stieg er in der Altersgruppe der 25- bis 54-Jährigen von 65 Prozent auf 72 Prozent. Bei der 55- bis 64-Jährigen erhöhte sich der Anteil sogar noch stärker von 36 auf 57 Prozent.

Quelle: Böckler Impuls 5/2019 vom 21. März 2019

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