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26. März 2018

Weiterbildungskosten bei Kündigung zurückzahlen?

Weiterbildungsmaßnahmen gehen schnell ins Geld. Deshalb versuchen manche Chefs, Angestellte längerfristig an die Apotheke zu binden. Wer vorzeitig kündigt, muss – so die Forderung  – einen Teil des Geldes zurückzahlen. Solche Vertragsklauseln sind jedoch oft gar nicht wirksam.

Für Apothekenberufe gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Weiterbildung. Approbierte können sich beispielsweise als Fach-Apotheker/in für Allgemeinpharmazie, Klinische Pharmazie, Arzneimittelinformation, Pharmazeutische Analytik, Pharmazeutische Technologie, Toxikologie & Ökologie, Theoretische & praktische Ausbildung, Öffentliches Gesundheitswesen sowie Klinische Chemie qualifizieren. PTA haben die Möglichkeit, Zusatzbezeichnungen wie Fach-PTA für Dermopharmazie, Fach-PTA für Allgemeinpharmazie oder Fach-PTA für Homöopathie und Naturheilverfahren zu erwerben. Und für PKA werden u. a. Module zur Fach-PKA für Betriebswirtschaft und Marketing angeboten. Solche Kurse kosten Zeit und Geld. Falls der Arbeitgeber Weiterbildungen unterstützt, versucht er, Angestellte vertraglich an seine Apotheke zu binden.

Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen

Eine beliebte Möglichkeit ist, den bestehenden Arbeitsvertrag mit recht allgemeinen Floskeln zu ergänzen: „Die X-Apotheke finanziert Frau / Herrn Y eine Weiterbildung als Z. Im Falle einer Kündigung vor dem 01.01.2020 sind anteilige Kosten zu erstatten.“  Arbeitsgerichte haben etliche entsprechender Formulierungen einkassiert. Sollten bestimmte Kurse nur für einen bestimmten Arbeitgeber von Nutzen sein, aber nicht für die weitere Karriere des/der Angestellten, sind Forderungen nach Rückzahlung nicht legitim.

Unter mehreren klar umrissenen Voraussetzungen können Apothekenleiter dennoch Teilsummen zurückfordern:

  • Angestellte haben von der Weiterbildung einen geldwerten Vorteil. Das heißt, sie können die Kenntnisse auch für zukünftige Arbeitsstellen verwenden.
  • Schon beim Abschluss der Vertragsklausel informieren Vorgesetzte detailliert, welche Beträge gegebenenfalls auf Angestellte zukommen. Mögliche Kosten müssen „dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren“ liegen (BAG, Az.: 3 AZR 698/10 in Verbindung mit dem Transparenzgebot laut § 307 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
  • Der Vertragszusatz muss mit einer engmaschigen zeitlichen Staffelung verbunden sein. Das heißt, je länger sich ein Mitarbeiter an den Betrieb bindet, desto geringer wird die Rückforderung. Einen Vertrag mit dreijährigen Bindungsdauer und grober, jährlich gestaffelter Minderung der Rückzahlungsverpflichtung bewertete das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz als „unangemessene Benachteiligung“ des Arbeitnehmers (Az.: 8 Sa 561/14).
  • Auch die Bindungsdauer selbst darf nicht unangemessen sein. Hier hat das BAG Regelwerte entwickelt, von denen Ausnahmen im Einzelfall möglich sind (Az.: 3 AZR 900/07). Bei Kursen von bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge ist eine Bindung von maximal sechs Monaten zulässig, bei bis zu zwei Monaten ist es ein Jahr. Nehmen Weiterbildungen drei bis vier Monate in Anspruch, hält das BAG maximal zwei Jahre Bindung für legitim, und bei sechs- bis zwölfmonatigen Trainings sind es maximal drei Jahre. Wer mehr als zwei Jahre die Schulbank drückt, muss seinem Betrieb maximal fünf Jahre treu bleiben.  Diese Werte gelten dann, wenn ein Mitarbeiter vollständig von der Arbeit in der Apotheke freigestellt wird. Für die „üblichen“ Fort- und Weiterbildungen, die neben der normalen Arbeit laufen, gelten wesentlich kürzere Fristen.

Kündigungen auf der Goldwaage

Es genügt aber nicht, Rückzahlungsforderungen mit einer Kündigung durch Angestellte zu verbinden. Dazu zwei Urteile des BAG (Az.: 9 AZR 610/05 und 3 AZR 103/12)

  • „Eine vom Arbeitgeber (...) aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, ist unwirksam. Sie benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen.“
  • „Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden.“

Beispielsweise kann eine Kündigung auf ein vertragswidriges Verhalten vom Arbeitgeber zurückzuführen sein. Laut BAG wäre es dann nicht zulässig, den Arbeitnehmer zur Kasse zu bitten.

Fazit: Wer von seinem Arbeitgeber auf Rückzahlung in Anspruch genommen wird, sollte sich rechtsanwaltlichen Rat einholen. Für ADEXA-Mitglieder ist die Beratung durch die Rechtsabteilung kostenfrei.

Michael van den Heuvel

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