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06. Juni 2018

Zeichen setzen gegen den Angriff auf die öffentlichen Apotheken: ADEXA kritisiert Positionspapier des GKV-Spitzenverbands

Basierend auf dem umstrittenen Gutachten zur Apothekenhonorierung wittert der GKV-Spitzenverband Morgenluft. Er will Rx-Preise stärker als bisher liberalisieren und Versorgungsstrukturen öffnen. ADEXA sieht die Interessen von Patienten und Angestellten in Gefahr. Die Gewerkschaft fordert mehr Engagement von den berufsständischen Organisationen der Apotheker.

Der GKV-Spitzenverband hat heute ein Positionspapier zur "Neuordnung der Apothekenstrukturen und -vergütung“ beschlossen. Darüber hat DAZ.online bereits ausführlich berichtet (1). Aus Gewerkschaftssicht wollen wir auf einige Punkte hinweisen.

Versorgung nicht gefährdet?

Laut GKV-Spitzenverband bestünden bei der Abgabe von Arzneimitteln „erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven“. Basis dieser Überlegungen ist das umstrittene, vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Gutachten zur Honorierung öffentlicher Apotheken (2). Durch Anpassungen der Vergütung soll im Bereich von Apotheken eine Milliarde Euro eingespart werden. Die flächendeckende Versorgung sei trotzdem sichergestellt. „Auch das oftmals proklamierte Apothekensterben kann nicht bestätigt werden“, heißt es weiter. In ländlichen Regionen sei die wirtschaftliche Lage von Apotheken sogar „überdurchschnittlich gut“. Mit Verweis auf das Gutachten betont auch der GKV-Spitzenverband, ein Verbot des Rx-Versandhandels sei „nicht gerechtfertigt“. Stattdessen müsse „eine weitere Flexibilisierung“ erfolgen, was aus Gewerkschaftssicht als Angriff auf das Fremd- und das eingeschränkte Mehrbesitzverbot zu werten ist. Instrumente des Wettbewerbs sollten allen Versicherten zu Gute kommen, heißt es. Die Autoren konstatieren, eine „leistungsgerechte Vergütung und Flexibilisierung der Versorgungsstruktur“ sei überfällig.

Verlust an Arbeitsplätzen, Nachteile für Patienten

Dieser Sichtweise schließen wir uns nicht an!    
Es ist falsch, dass flächendeckende Versorgungsstrukturen nicht gefährdet werden. Etliche Kammerbezirke aus Flächenländern berichten, dass Landapotheken zugrunde gehen, vielleicht nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen. Viele Inhaber finden keine Nachfolger mehr. Dann ist schnell „Schicht im Schacht“. Unsere Apothekenberufe haben bei Jugendlichen an Attraktivität verloren.

Es ist falsch, dass Versender die Leistungen von Vor-Ort-Apotheken einfach übernehmen können. Patienten benötigen neben der individuellen Beratung viele Arzneimittel in kurzer Zeit. Da hilft der Versand recht wenig. Auch im Nacht- und Notdienst sind vielleicht schon bald noch längere Strecken zurückzulegen. Ältere Menschen ohne eigenes Auto und ohne Familie haben dann ein großes Problem.

Es ist falsch, dass Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel keine Arbeitsplätze vernichten. Laut FAZ geht jede zweite Apotheke früher oder später aufgrund von Rx-Boni zugrunde (3). Der oft genannte Effekt, bestehende Apotheken würden einfach größer und hätten mehr Jobs, entpuppt sich als Trugschluss, sobald signifikant mehr Patienten ihre Rezepte jenseits unserer Grenzen einlösen.

Flagge zeigen gegen den Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel

Damit stehen Angestellte und Arbeitgeber gleichermaßen mit dem Rücken zur Wand. Auf Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) brauchen wir nicht zu hoffen. Er zögert das längst angedachte Gesetz zum Rx-Versandverbot weiter hinaus. Erinnern wir uns: Sein Vorgänger Hermann Gröhe (CDU) hatte den Entwurf schon in unterschriftsreifer Form, doch die SPD machte einen Rückzieher.

Für ADEXA ist eine politische Lösung nach wie vor der Königsweg. Jetzt heißt es, mit vereinten Kräften Druck aufzubauen. Wir unterstützen die Online-Petition von Christian Redmann (4) und bitten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich zu beteiligen. Dass ABDA-Präsident Friedemann Schmidt dies ablehnt, ist für ADEXA völlig unverständlich. Nach einem Treffen mit Spahn herrscht Funkstille. Jetzt liegt es auch an den Kammern und Verbänden als zahlenden Mitgliedsorganisationen, Druck aufzubauen. Es handelt sich um kein Problem des Berufsstands allein. Standesorganisationen sollten die Bevölkerung informieren – und dies nicht nur mit Flyern oder Postern. Wie wäre es, im normalen Betrieb nur per Notdienstklappe zu bedienen, wie vor einigen Jahren? Wäre es nicht an der Zeit, alle gemeinsam und solidarisch auf Missstände aufmerksam zu machen? ADEXA ist mit im Boot.

Andreas May
ADEXA – Die Apothekengewerkschaft
Erster Vorsitzender

Quellen

(1) „Krankenkassen wollen eine Milliarde Euro am Apothekenhonorar sparen“ DAZ.online vom 1.6.2018
„Einstimmig: Kassen fordern drastische Kürzungen am Apothekenhonorar“, DAZ.online vom 6.6.2018

(2) Ermittlung der Erforderlichkeit und des Ausmaßes von Änderungen der in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelten Preise. Ein Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie,

(3) FAZ: „Jeder zweiten Apotheke droht das Aus“

(4) Christian Redmann: Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel, online unter http://t1p.de/83ee

 

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