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27. Oktober 2020

Arbeiten unter Corona-Bedingungen: Arbeitsrechtliche Infos

Bei drastisch steigenden Infektionszahlen erhöht sich auch das Infektionsrisiko in den Apotheken – und positive Tests bei Teammitgliedern werden wahrscheinlicher. Was muss von Seiten der Apothekenleitung getan werden, damit die Arbeit möglichst sicher ablaufen kann?

Generell gilt, dass für jedes Teammitglied und jeden Arbeitsplatz eine individuelle Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden muss, die die aktuellen Risiken und Vorschriften berücksichtigt.

Achtung: In einer Filialapotheken kann dies – je nach Arbeitsvertrag – auch zu den Aufgaben und Pflichten der Filialleitung gehören. Das gilt ebenso für die Umsetzung von erforderlichen Maßnahmen, die nicht von der Inhaberin oder dem Inhaber umgesetzt werden.

Schwangere besonders schützen

Unter den Kolleginnen gehören Schwangere und Stillende zu den besonders wichtigen Risikogruppen. Hier stellt sich die Frage eines Beschäftigungsverbots durch die Apothekenleitung für die Zeit der Schwangerschaft und Stillzeit. Denn SARS-CoV-2 wird nach § 2 Biostoffverordnung (BioStoffV) als Biostoff der Risikogruppe 3 eingestuft.

Für schwangere Mitarbeiterinnen gilt: Teilen Sie Ihrer Apothekenleitung Ihre Schwangerschaft unverzüglich mit, damit Schutzmaßnahmen oder eine Freistellung erfolgen können.

Ein ärztliches Beschäftigungsverbot kann erfolgen, wenn es individuelle gesundheitliche Risiken gibt, die nichts mit der Gefährdung durch das Corona-Virus zu tun haben.

Weitere Risikogruppen

Wenn Teammitglieder zu den Risikogruppen laut RKI* gehören, muss die Apothekenleitung dies ebenfalls im Rahmen einer regelmäßig zu aktualisierenden Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen – sofern sie davon Kenntnis hat. Die Zahl der Kontakte mit Patienten und Teammitgliedern sollte in diesem Fall weitgehend minimiert werden.

Wer aufgrund von Grunderkrankungen zu einer besonderen Risikogruppe gehört, sollte zusätzlich auch mit seiner Ärztin oder seinem Arzt klären, inwieweit die Arbeit in der Apotheke derzeit weitergeführt werden sollte.

Ältere Teammitglieder, deren Risiko für schwere Verläufe erhöht ist, sollten das Gespräch mit der Apothekenleitung suchen, um Möglichkeiten einer Arbeit an einem risikoarmen Arbeitsplatz auszuloten (zum Beispiel Rezeptur oder Labor statt HV). Erst wenn dieses Gespräch zu keinem für beide Seiten akzeptablen Ergebnis führt, wäre auch hier der Hausarzt der richtige Ansprechpartner.

Ein Fortbleiben von der Arbeit ohne ärztliches Attest, weil man das persönliche Risiko als zu hoch einschätzt, ist dagegen ein Abmahnungsgrund!

Getrennte Teams

Aktuell wird das Arbeiten in getrennten Teams wieder dringlicher, um die Zahl der Sozialkontakte zu reduzieren und im Fall einer Quarantäne oder Infektion eines Teammitglieds die Apotheke nicht komplett dichtmachen zu müssen.

Für die Arbeitszeiten gilt: Im Rahmen eines tariflichen Jahresarbeitszeitkontos dürfen auch niedrigere Stundenzahlen angeordnet werden (§ 4 BRTV/RTV NR). Bei Vollzeit von 40 Stunden sind das mindestens 29 Wochenstunden (und höchstens 48 Stunden). Bei einer Teilzeitstelle können zwischen 75 und 130 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit abgerufen werden.

Etwaige Minusstunden müssten dann bis zum 31. Dezember 2020 ausgeglichen werden. Gelingt dies nicht, muss der Ausgleich im ersten Quartal 2021 erfolgen. Erhält man als Angestellte dazu nicht die Möglichkeit, weil vielleicht immer noch Schichtbetrieb läuft,  verfallen die Minusstunden. Ein finanzieller Ausgleich von Minusstunden (also de facto eine Gehaltskürzung) ist in diesem Fall nicht rechtens. Anders bei Plusstunden, für die beide Seiten einvernehmlich eine Auszahlung vereinbaren können (§ 4 Abs. 4 BRTV/RTV NR).

Sind feste Arbeitszeiten ohne ein Arbeitszeitkonto vereinbart, sind keine Minusstunden möglich. Die Apothekenleitung muss die Stunden anbieten und bezahlen. Allerdings darf das Abbummeln von Überstunden angeordnet werden.

Falls durch das Schichtsystem bei Teammitgliedern Überstunden notwendig werden, kann dies in begründeten Einzelfällen angeordnet werden. Dabei müssen jedoch die persönlichen Umstände wie Kinderbetreuung oder die Pflege eines Angehörigen berücksichtigt werden. Und für Teilzeitkräfte ist der Umfang von Überstunden im Verhältnis niedriger als für Vollzeitkräfte anzusetzen.

Ein infiziertes Teammitglied

Allen Vorsichtsmaßnahmen zum Trotz wurde eine Kollegin positiv getestet? Im Regelfall wäre sie schon vor oder seit der Testung (und nicht erst seit dem Testergebnis) in häuslicher Quarantäne. Die Apothekenleitung muss nun umgehend mit dem Gesundheitsamt das weitere Vorgehen für die anderen Teammitglieder klären.

Jeder, der mit der positiv getesteten Kollegin im Infektionszeitraum eng zusammengearbeitet hat, sollte sich – zumindest bis zu anders lautenden Anweisungen des Gesundheitsamtes – in häusliche Quarantäne begeben.

Für alle anderen Teammitglieder wären in dieser Situation – als kurzfristige Maßnahme – Antigen-Schnelltests anzuraten. Denn als Anlaufstelle für Patienten und Risikogruppen hat die Apotheke ein besonders hohes Sicherheitsniveau zu gewährleisten. 

Minou Hansen, Sigrid Joachimsthaler

* Robert-Koch-Institut: Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html


Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Umgang mit aufgrund der SARS-CoV-2-Epidemie besonders schutzbedürftigen Beschäftigten - Arbeitsmedizinische Empfehlung
https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/arbeitsmedizinische-empfehlung-umgang-mit-schutzbeduerftigen.pdf

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