31. August 2024
Neue Regelungen der ADA-Tarifverträge: Darauf sollte die Filialleitung jetzt achten
Bei einem Webinar hat Minou Hansen die wichtigsten tarifvertraglichen Neuerungen zusammengestellt – unter anderem zum Gehalt und zur Arbeitszeit. Sie ist Rechtsanwältin, Business Coach und Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung.
Mit Wirkung zum 1.7.2024 ist ein neuer Gehaltstarif für das Gebiet des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA) in Kraft getreten, also für das ganze Bundesgebiet mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen. Und seit 1.8.2024 gilt ein neuer Bundesrahmentarifvertrag (BRTV). Die wichtigsten Aspekte für Filialleiterinnen und Filialleiter mit Blick auf die eigenen Arbeitsbedingungen, aber auch auf die der Teammitglieder:
Gehaltstarifvertrag
Mit dem neuen Gehaltstarifvertrag wurden alle Gehälter um einen Sockelbetrag von 100 bis 150 Euro angehoben, je nach Berufsjahresgruppe. Die Werte beziehen sich auf Tätigkeiten in Vollzeit.
Anspruch auf das neue Tarifgehalt besteht bei beiderseitiger Tarifbindung oder bei vertraglicher Vereinbarung, dass Tarifverträge zur Anwendung kommen – ansonsten nicht. „Es gibt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder“, betont Hansen.
Die ADEXA-Juristin rät, bei Verträgen mit übertariflichen Gehältern genau hinzusehen: Oft steht in Arbeitsverträgen, dass künftige Tariferhöhungen auf die übertarifliche Zulage angerechnet werden – oder dass sich die Zulage bei jeder Tariferhöhung automatisch reduziert. Sollte das Gehalt nicht erhöht werden, lohnt es sich, nachzurechnen, ob der Wert immer noch um 13 Prozent über dem Tarifgehalt liegt. „Ansonsten müssen Bereitschaftsdienste separat vergütet werden“, sagt Hansen.
Verringerung der Arbeitszeit
Eine weitere Änderung: Die tarifliche Arbeitszeit, sprich Vollzeit, ist von 40 auf 39 Stunden pro Woche reduziert worden. Hansen: „Im Regelfall wirkt sich das nicht auf die vereinbarte Arbeitszeit aus; es gilt weiterhin, was im Arbeitsvertrag vereinbart ist.“
Doch die ADEXA-Juristin weist auf eine Ausnahme hin. Haben beide Seiten im Arbeitsvertrag „Vollzeit nach Tarif“ vereinbart, würde sich die Arbeitszeit automatisch reduzieren. Automatisch verringert sich die Zeit bei Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im Praktikum, bei PTA-Praktikantinnen und -Praktikanten sowie bei PKA-Azubis, wenn in den Ausbildungsverträgen „Vollzeit nach Tarif“ vereinbart ist.
Mehrarbeitszuschläge
Änderungen greifen auch bei Mehrarbeitszuschlägen. Laut § 8 BRTV in der alten, bis 31.7.2024 gültigen Fassung gab es ab der 41. bis zur 50. Stunde 25 Prozent Zuschlag. Ab der 51. Stunde waren es 50 Prozent.
Die neue Fassung des BRTV gilt ab 1.8.2024. Hier sind bei Mehrarbeit ab der ersten bis zur zehnten Stunde 15 Prozent Zuschlag anzusetzen. Ab der elften Stunde sind es 25 Prozent Zuschlag. „Das bedeutet, dass auch Teilzeitkräfte Zuschläge erhalten, wenn sie Mehrarbeit leisten“, erläutert Hansen.
Zuschläge fallen auch bei Abgeltung in Freizeit an. Für 60 gearbeitete Minuten werden 69 (+15 %) bzw. 75 (+25 %) Minuten als Freizeit gutgeschrieben.
Mehrarbeitszuschläge gibt es nur, falls Angestellte und Chefin bzw. Chef kein Jahresarbeitszeitkonto (JAZK) vereinbart haben. Bei einem JAZK darf die Arbeitszeit zwischen 75 und 130 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit variieren. Aber: Sollten Plusstunden nicht innerhalb der ersten drei Monate des Folgejahres ausgeglichen werden (§ 4 Nr. 4 BRTV), wird ein Zuschlag fällig.
Regelungen für Auszubildende
Bei Tarifbindung oder bei vertraglicher Vereinbarung steigen die Ausbildungsvergütungen. Außerdem verkürzt sich die wöchentliche Ausbildungszeit.
Auszubildende haben Anspruch auf Erstattung der Fahrtkosten zwischen Wohnung und Apotheke, höchstens jedoch 50 Euro monatlich (§ 16 BRTV). Das gilt nur, falls kein anderer Kostenträger die Aufwendungen erstattet.
Notdienst
Neu ist auch, dass während des Notdienstes nur Bereitschaftstätigkeiten zu leisten sind (§ 5 Abs. 3 BRTV). Bereitschaftstätigkeiten sind Arbeitsphasen, in denen Angestellte zwar anwesend und einsatzbereit ist, aber nur dann tatsächlich arbeiten, wenn Kundinnen oder Kunden etwas benötigen.
Renteneintritt
Eine weitere Änderung: Das Arbeitsverhältnis endet automatisch zum Ende des Monats, in dem Arbeitnehmende die Altersgrenze für die Rente ohne Abzüge oder für Altersruhegeld erreicht haben (§ 19 BRTV). „Wenn Sie Mitarbeitende im Rentenalter haben, besprechen Sie rechtzeitig, ob das Arbeitsverhältnis tatsächlich enden soll“, rät die ADEXA-Expertin. „Wird das Arbeitsverhältnis ohne anderslautende Vereinbarung über den Zeitpunkt hinaus fortgesetzt, handelt es sich um ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.“ Sinnvoller ist deshalb der Abschluss neuer, befristeter Arbeitsverträge, vielleicht mit geänderter Stundenzahl.
Michael van den Heuvel
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