03. Dezember 2024
Die tarifliche Sonderzahlung: Anspruch, Höhe und Kürzung. Wer profitiert, worauf ist zu achten?
Jahr für Jahr ist die tarifliche Sonderzahlung ein Dauerbrenner in der ADEXA-Rechtsberatung. Bei einem Webinar hat Minou Hansen, Rechtsanwältin, Business Coach und Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung, zusammengefasst, was für Apothekenangestellte wichtig ist.
Wurde die Sonderzahlung ausgezahlt, wie hoch ist der Betrag – oder warum kam immer noch nichts? Ein Blick auf das Konto Ende November kann zum Wechselbad der Gefühle werden.
Tarifliche Regelungen
Zum Hintergrund: Die Sonderzahlung ist in § 18 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) bzw. Rahmentarifvertrag Nordrhein und Sachsen geregelt: „Jeder Mitarbeiter, dessen Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate besteht, erhält jährlich eine Sonderzahlung in Höhe von 100 % seines tariflichen Monatsverdienstes.“
Das gilt, falls Tarifbindung besteht: Die Apothekenleitung ist in einem Arbeitgeberverband und der oder die Apothekenangestellte Mitglied bei ADEXA. „Es reicht aus, wenn die Mitgliedschaft zum Auszahlungszeitpunkt November besteht“, so Hansen. Alternativ können beide Seiten im Arbeitsvertrag vereinbaren, dass der Tarifvertrag gilt.
Außerdem muss das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestehen. Ansonsten besteht Ende November noch kein Anspruch auf die Sonderzahlung. Der Anspruch gilt aber rückwirkend, wenn das Arbeitsverhältnis, beispielsweise im Januar des Folgejahres, länger als sechs Monate andauert. „Dann muss die Sonderzahlung nachberechnet werden“, erklärt die ADEXA-Rechtsanwältin.
Wie hoch ist die Sonderzahlung?
Gelten alle Voraussetzungen, erhalten Apothekenangestellte 100 Prozent ihres tariflichen Monatsverdiensts.
„Der Anspruch besteht in voller Höhe, wenn das Arbeitsverhältnis im Jahr der Auszahlung zwölf Monate besteht“, erklärt Hansen. „Wer im laufenden Jahr in den Betrieb eingetreten oder ausgetreten ist, erhält anteilig ein Zwölftel der Summe pro Monat.“
Ändert sich das Gehalt während des Jahres durch mehr oder weniger Stunden, ist der Durchschnittswert zu ermitteln. Erhöht sich das Tarifgehalt, weil Mitarbeitende in ein höheres Berufsjahr wechseln, haben sie jedoch Anspruch auf die höhere Sonderzahlung. Das gilt auch beim Abschluss eines neuen Gehaltstarifvertrags.
Der Anspruch kann für jeden vollen Elternzeitmonat um ein Zwölftel gekürzt werden. Beschäftigungsverbote wirken sich aber nicht aus. Bei längerer Krankheit kann die Sonderzahlung für den Zeitraum des Krankengeldbezugs, gekürzt werden.
Kein Anspruch auf die Sonderzahlung besteht bei Eigenkündigung oder bei verhaltensbedingter Kündigung durch den Arbeitgeber in den ersten sechs Monaten des Kalenderjahres.
Was gilt bei wirtschaftlicher Schieflage der Apotheke?
Laut § 18 der Rahmentarifverträge ist die Apothekenleitung berechtigt, die Sonderzahlung auf bis zu 50 Prozent des tariflichen Monatsverdienstes zu kürzen, sofern dies wirtschaftlich erforderlich ist. Laut Bundesarbeitsgericht müssen die Einbußen jedoch so massiv sein, dass Chefin oder Chef betriebsbedingte Kündigungen nur durch die Kürzung der Sonderzahlung abwenden können.
Seit August gilt im Bereich des ADA folgende Besonderheit: Das voraussichtliche Betriebsergebnis am 30. September muss im Vergleich zum Vorjahr um mindestens zehn Prozent gesunken sein. Dann darf die Sonderzahlung auf bis zu 50 Prozent gekürzt werden. Chefin oder Chef haben dies anhand einer schriftlichen Bestätigung des Steuerberaters mit Mitteilung der Kürzung nachzuweisen.
Eine Ankündigung der Kürzung vier Wochen vor der Fälligkeit ist erforderlich. Im laufenden Jahr hätten Vorgesetzte das Team am 31. Oktober informieren müssen.
Müssen Angestellte die Sonderzahlung zurückzahlen?
Oft hören die ADEXA-Rechtsanwältinnen von Mitgliedern die Vermutung, Sonderzahlungen müssten im Falle einer Kündigung zurückgezahlt werden. Hansen rückt das gerade: „Es gibt keine gesetzliche Regel, dass Sonderzahlung oder Weihnachtsgeld zurückgezahlt werden müssen, wenn man bis zum 31. März des Folgejahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.“
„Wenn beide Seiten tarifgebunden sind, dürfte das auch nicht im Arbeitsvertrag vereinbart werden“, so Hansen. „Bei fehlender Tarifbindung oder übertariflicher Leistung dürfte man im Arbeitsvertrag die Rückzahlung bei Ausscheiden vereinbaren ─ aber nur für den übertariflichen Anteil.“
Rückzahlungsklauseln sind nur zulässig, wenn ausschließlich die Betriebstreue belohnt werden soll. „Es lohnt sich, Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, wenn man etwas zurückzahlen soll bzw. etwas vom Gehalt abgezogen wird“, so Hansens Fazit.
Michael van den Heuvel
Die nächsten Webinar-Termine:
- Mittwoch, 29.01.2025, 19:30 Uhr (Filialleitung)
- Mittwoch, 26.02.2025, 19:30 Uhr (alle Berufe)
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