20. Januar 2025
Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl (1): Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht
Im Vorfeld der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 haben die Parteien ihre Positionen zu Arbeit und Arbeitnehmerrechten formuliert. ADEXA wirft einen Blick in die Wahlprogramme.
CDU/CSU: Leistung belohnen, steuerlich entlasten
Die Union will Arbeit attraktiver gestalten, indem sie Leistung stärker belohnt. Durch eine Abflachung des Einkommensteuertarifs, eine Anhebung des Grundfreibetrags und eine Anpassung der Grenze für den Spitzensteuersatz sollen Angestellte mehr Netto vom Brutto behalten.
Speziell bei Geringverdienern macht sich die Union für niedrigere Beiträge zur Sozialversicherung stark. Um die kalte Progression auszugleichen, ist geplant, den Einkommensteuertarif regelmäßig an die Inflation anzupassen.
Darüber hinaus wollen CDU und CSU das Arbeitsrecht modernisieren. Auf der Agenda steht die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit anstelle der täglichen Grenze.
SPD: Tarifbindung stärken, den Mindestlohn erhöhen
Die Sozialdemokraten machen sich dafür stark, dass Arbeit ein selbstbestimmtes Leben mit gutem Auskommen ermöglicht. Sie fordern einen Mindestlohn von 15 Euro bis spätestens 2026, um speziell in schlecht bezahlten Berufen – sowie in Ostdeutschland – gerechte Löhne zu sichern. Die Tarifbindung soll durch ein Bundestariftreuegesetz und durch eine stärkere Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen gestärkt werden.
Auch plant die SPD, Lohngerechtigkeit zu fördern, die EU-Entgelttransparenzrichtlinie umzusetzen und das Entgelttransparenzgesetz zu einem wirksamen Instrument weiterzuentwickeln. Frauen und Männer sollen gleich bezahlt und soziale Berufe aufgewertet werden.
Ziel der SPD ist auch, mittlere Einkommen steuerlich zu entlasten und Spitzeneinkommen sowie Vermögen stärker zu besteuern. Zuschläge für Mehrarbeit und Prämien für die Ausweitung von Teilzeitbeschäftigungen hingegen sollen steuerfrei werden.
Die Grünen: Arbeit als sichere Lebensgrundlage
In ihrem Parteiprogramm fordern die Bündnis 90/Grünen faire Löhne, um den Menschen eine sichere Lebensgrundlage zu ermöglichen. Sie planen einen Mindestlohn von 15 Euro ab 2025. Auch wollen sie eine stärkere Tarifbindung durch erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärungen und durch ein Tariftreuegesetz fördern.
Die betriebliche Mitbestimmung soll ausgebaut werden, um Beschäftigten mehr Einfluss auf Arbeitsbedingungen, Klimaschutz, Gleichstellung und Qualifizierung zu geben. Ein weiteres Ziel ist, stärker gegen Scheinselbstständigkeit und Schwarzarbeit vorzugehen, etwa durch eine manipulationssichere Erfassung der Arbeitszeit.
Gleichstellung soll durch die vollständige Umsetzung der EU-Entgelttransparenzrichtlinie, durch einklagbare Regelungen und durch flexible Arbeitszeitmodelle gefördert werden. Auch ein Rückkehrrecht in Vollzeit und eine bessere Kinderbetreuung stehen auf der Agenda der Grünen. Und Minijobs will die Partei schrittweise in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen umwandeln.
FDP: Moderne und flexible Arbeitswelt
Die Freien Demokraten setzen auf eine moderne, flexible Arbeitswelt. Sie fordern eine Reform des Arbeitszeitgesetzes mit einer wöchentlichen statt täglichen Höchstarbeitszeit sowie mit flexibleren Regelungen zur Ruhezeit.
Die FDP plädiert zwar für Vertragsfreiheit und Tarifautonomie, fordert aber auch eine Modernisierung des Streikrechts in kritischen Bereichen wie Transport, Gesundheitsversorgung und Energieversorgung.
Die Linke: Stärkung der Mitbestimmung
Im Bundestagswahlkampf fordert die Linke eine umfassende Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung, um Beschäftigten mehr Einfluss auf ihre Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Zudem sollen Maßnahmen gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse ergriffen werden. Die Partei fordert auch ein Verbandsklagerecht, um Gewerkschaften arbeitsrechtlich mehr Handlungsspielraum zu geben.
Beim gesetzlichen Mindestlohn fordert die Linke, wie SPD und Grüne, eine Erhöhung auf 15 Euro pro Stunde. Sämtliche Ausnahmeregelungen sollen abgeschafft und der Mindestlohn jährlich entsprechend der Inflationsrate angepasst werden.
Um die Tarifbindung zu erhöhen, plant die Linke die Einführung eines Bundestariftreuegesetzes, das öffentliche Aufträge des Bundes nur an tarifgebundene Unternehmen vergibt. Auch soll die Allgemeinverbindlichkeitserklärung von Tarifverträgen erleichtert werden.
BSW: Mindestlohn erhöhen, Gewerkschaften stärken
Das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ setzt sich für die Stärkung der Tarifbindung ein, um „Lohndrückerei“ zu verhindern und um gerechte Arbeitsbedingungen zu fördern. Geplant ist, die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen zu erleichtern, Gewerkschaften sowie Betriebs- und Personalräte sollen gestärkt werden.
Auch das BSW fordert eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde.
AfD: Liberalisierung des Arbeitsmarktes
Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) legt ihren Fokus auf die Deregulierung des Arbeitsmarktes und die Förderung freien Unternehmertums. Sie spricht sich für eine Vereinfachung des Steuerrechts und eine Senkung der Unternehmenssteuern aus. Der Mindestlohn soll beibehalten werden. Allerdings setzt sie auf eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und spricht sich gegen staatliche Eingriffe in die Tarifautonomie aus.
Um das Existenzminimum besser abzusichern, soll der Grundfreibetrag erhöht werden, wobei die bisherige Orientierung an sozialhilferechtlichen Regelungen aufzugeben ist. Auch will die AfD Freibeträge einführen, um indirekte Steuererhöhungen durch Inflation zu verhindern.
Gehen Sie wählen
Mit den Wahlprüfsteinen gibt ADEXA keine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei, sondern informiert Apothekenangestellte über wichtige Aspekte. Wichtig ist allerdings: Gehen Sie wählen und überlassen Sie radikalen Kräften nicht das Feld!
Michael van den Heuvel
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