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03. August 2020

Nicht auf dem Rücken des Nachwuchses: Ein Plädoyer für eine gute Ausbildung trotz Corona

Vor der Corona-Pandemie galt es als feststehende Tatsache, dass wir in Deutschland insgesamt und besonders auch im Apothekenbereich einen Fachkräftemangel haben. Besonders das pharmazeutische Personal wurde händeringend gesucht. Das Virus hat nicht nur unser tägliches Leben verändert, sondern zumindest im Moment auch die Situation am Arbeitsmarkt. Angesichts der ungewissen Lage stellen Apothekenleitungen keine neuen Kräfte mehr ein. Und Angestellte vermeiden es, einen sicheren Arbeitsplatz zu verlassen. Noch dramatischer gestaltet sich teilweise die Situation für Auszubildende und PTA- und Pharmaziepraktikant*innen. In Zeiten, in denen es schon schwer ist, das Stammpersonal in Schichten zu organisieren, scheut sich manche Inhaber*in, noch einen weiteren Außenkontakt ins Team zu integrieren und vor allem auch tatsächlich die Ausbildung zu organisieren.

Die Bundesregierung versucht diesem Problem mit verschiedenen Maßnahmen zu begegnen. Für angehende Apotheker*innen ist die Approbationsordnung mit der „Verordnung zur Abweichung von der Approbationsordnung für Apotheker bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ so lange an die geänderten Verhältnisse angepasst worden, wie die epidemische Lage dies erfordert, längstens jedoch bis zum 31.03.2021. Der Begleitende Unterricht kann in digitaler Form durchgeführt werden, was viele Apothekerkammern sehr schnell umgesetzt haben. Praktische Übungen können ebenfalls durch digitale Formate ersetzt werden, wobei oberstes Ziel immer bleibt, die Qualität der Ausbildung nicht zu verschlechtern, sondern das Ziel mit angepassten Mitteln zu erreichen.

Herausforderung praktische Ausbildung

Besondere Herausforderungen bestehen bei der praktischen Ausbildung. Den Einsatz am Kunden und im Team können digitale Formate (noch) nicht ersetzen. Um trotzdem eine Ausbildung und auch den Erhalt der Approbation zu ermöglichen, ist es deshalb jetzt zulässig, höchstens ein Viertel der in der Apotheke zu leistenden Arbeit außerhalb der Apotheke zu erledigen. Dies kann zum Beispiel eine Nachbearbeitung von Herstellungs- oder Prüftätigkeiten, eine Vorbereitung in der Apotheke anstehender pharmazeutischer Aufgaben, eine Bearbeitung der von der Bundesapothekerkammer bereitgestellten Ausbildungsbögen sowie eine gezielte Prüfungsvorbereitung betreffen. Damit das Ausbildungsziel trotzdem erreicht werden kann, ist dies auf 25 Prozent der gesamten Dauer der in der jeweiligen Apotheke abgeleisteten Arbeit beschränkt.
Für angehende PTA gibt die „Verordnung zur Sicherung der Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen während einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ den ausbildenden Schulen und Apotheken Möglichkeiten an die Hand, flexibel auf die geänderte Situation zu reagieren. Auch hier können digitale Formate für den Unterricht genutzt werden. Für die praktische Ausbildung geht man aber grundsätzlich weiter davon aus, dass diese in der „normalen“ Form in der Apotheke abgeleistet wird. Nur dann, wenn das Erreichen des Ausbildungsziels gefährdet ist, kann die praktische Ausbildung auf Antrag der Auszubildenden verlängert werden. Die Verordnung tritt ein Jahr nach Aufhebung der epidemischen Lage oder spätestens am 31.3.2022 außer Kraft.

Praktikumsvergütung bleibt ein Muss

Für Apothekenleitungen gibt es also keinen Grund, PTA-Praktikant*innen nicht auszubilden, wenn die Schutzmaßnahmen, die mittlerweile überall institutionalisiert sein müssten, eingehalten sind. Kein Verständnis haben wir als Gewerkschaft für Apothekenleitungen, die den angehenden PTA das Praktikum nur anbieten, wenn sie bereit sind, auf die Praktikumsvergütung ganz oder teilweise zu verzichten.
Neben den angepassten Ausbildungsordnungen für PTA und Apotheker*innen wird es auch finanzielle Anreize für Unternehmen geben, die trotz der unsicheren Zeiten so weitsichtig sind, weiter PKA auszubilden. Mit diesen Maßnahmen sollte es möglich sein, den Fachkräftemangel nicht noch weiter zu verstärken und eine „Delle“ durch die coronabedingten Umstände zu vermeiden und als Apotheke gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Rechtsanwältin Minou Hansen

Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung

 

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