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02. Oktober 2024

Frauen leisten wieder mehr unbezahlte Familienarbeit. Gleichstellung: Nach Corona verstärkt sich das Ungleichgewicht erneut

Zu Beginn der Corona-Pandemie gab es kurzzeitig Hinweise, dass Männer sich stärker an der Hausarbeit und Sorgearbeit beteiligen. Doch diese Veränderungen waren nicht von Dauer, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung jetzt berichtet.

Eine Studie der WSI-Forscherin Yvonne Lott zeigt, dass erwerbstätige Frauen weiterhin durchschnittlich acht Stunden pro Woche mehr unbezahlte Arbeit leisten als Männer. Das gilt besonders in Haushalten mit Kindern und bei Teilzeitbeschäftigten. Aber auch Frauen, die in Vollzeit arbeiten oder keine Kinder haben, übernehmen mehr unbezahlte Aufgaben als ihre männlichen Kollegen. Damit ist – trotz kurzfristiger Verbesserungen während der Pandemie – wieder alles beim Alten.

Umfangreiche Datenauswertung

Die Studie basiert auf der Zeitverwendungserhebung 2022. Sie bezieht sich auf erwerbstätige Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren.

Frauen arbeiten insgesamt im Durchschnitt 54 Stunden pro Woche, eine Stunde mehr als Männer. Davon sind 26 Stunden unbezahlte Arbeit. Männer hingegen leisten nur 18 Stunden unbezahlte Arbeit und verbringen mehr Zeit in bezahlter Erwerbstätigkeit.

Der größte Unterschied in der Verteilung unbezahlter Arbeit zeigt sich bei Paaren mit kleinen Kindern unter sechs Jahren: Frauen arbeiten 15 Stunden mehr unbezahlt als Männer.

Besonders deutlich werden solche Diskrepanzen bei Teilzeitbeschäftigten: Männer leisten nur geringfügig mehr bezahlte Arbeit leisten als Frauen, etwa 0,5 Stunden pro Woche. Ihre unbezahlte Arbeit ist jedoch um zehn Stunden pro Woche niedriger als bei Frauen.

Plädoyer für Familienarbeitszeit, verlängerte Partnermonate und bessere Kinderbetreuung

„Die Zahlen verdeutlichen, dass Frauen mehr arbeiten als Männer, jedoch deutlich weniger Gehalt und soziale Absicherung dafür erhalten, weil ein Großteil aus unbezahlter Sorgearbeit besteht“, kommentiert Bettina Kohlrausch, Direktorin des WSI. Sie fordert eine Umverteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen den Geschlechtern.

Yvonne Lott wiederum plädiert für Maßnahmen wie die Einführung einer Familienarbeitszeit, verlängerte Partnermonate beim Elterngeld und eine bessere Kinderbetreuung, um die Arbeit gerechter zu verteilen. Zudem könnten verkürzte Vollzeitarbeit, etwa durch eine Vier-Tage-Woche, dazu beitragen, dass Paare mehr Zeit haben, unbezahlte Aufgaben gerechter aufzuteilen. Auch Lohnersatzleistungen für Pflegezeiten seien besonders wichtig, da diese Belastung oft Frauen treffe, sagt die Expertin.

Michael van den Heuvel

Quelle

Yvonne Lott: Alles beim Alten: Der Gender Care Gap in der Erwerbsbevölkerung (pdf), WSI Policy Brief Nr. 83, September 2024

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