News

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>

18. Februar 2017

Steigender Bedarf, sinkendes Interesse: Wissenschaftler erwarten Engpässe bei Gesundheitsfachkräften

In den nächsten Jahren wächst die Zahl an älteren Menschen in Deutschlands Bevölkerung weiter an. Damit werden auch mehr Angestellte ohne Approbation im Gesundheitswesen benötigt, etwa Pflegekräfte, PTA oder PKA. Forscher rechnen bis 2035 mit eklatanten Engpässen, sollten die Berufsbilder nicht attraktiver werden.

In Deutschland erforscht das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) Themen rund um Ausbildung und Weiterbildung. Caroline Neuber-Pohl vom BiBB ging jetzt der Frage nach, wie sich Angebot und Nachfrage an Fachkräften ohne Approbation im Gesundheitsbereich weiterentwickeln könnte. Grundlage ihrer Simulation ist, dass sich Arbeitgeber in den nächsten Jahren ähnlich verhalten wie momentan. Außerdem nimmt sie an, dass aktuelle Trends bei der Berufswahl oder beim Berufswechsel weiterbestehen.

Fachfremde schließen die Lücken nicht

Die untersuchte Gruppe umfasst Kranken- und Altenpfleger, medizinische Fachangestellte, Berufe in der nichtärztlichen Therapie, aber auch pharmazeutisch-technische Assistenten oder pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte. Schon in der Vergangenheit sei die Zahl der ausgebildeten Fachkräfte zu niedrig gewesen, gibt Neuber-Pohl zu bedenken. „In den meisten Berufsfeldern kann der Bedarf nur durch Personen gedeckt werden, die in einem anderen Berufsfeld ausgebildet wurden oder gar keinen beruflichen Abschluss vorweisen können“, konstatiert die Wissenschaftlerin. 

Mit Fachfremden lassen sich nicht alle Lücken stopfen. Neuber-Pohl rechnet schon ab 2025 mit flächendeckenden Engpässen. Im Jahr 2035 würden laut Studie bereits 270.000 Angestellte fehlen. Längere Arbeitszeiten könnten das Problem nicht lösen.

Bessere Bedingungen schaffen

Um hier gegenzusteuern, gäbe es zwei Parameter, nämlich die Lohnentwicklung und den Wechsel in einen anderen Beruf.  Unter den aktuellen Gegebenheiten würden sich die Gehälter für Gesundheits- und Pflegeberufe bis 2035 langsamer entwickeln als der theoretisch ermittelte Referenzlohn, schreibt Neuber-Pohl. Dadurch schaffen Arbeitgeber also einen Anreiz, dass Beschäftigte in andere Branchen abwandern.

Die sogenannte Stayer-Quote, sprich der Anteil aller Arbeitnehmer, die ihrem Berufsfeld treu bleiben, ist mit 74,4 Prozent im Gesundheitsbereich vergleichsweise hoch. Als Referenz nennt die Forscherin branchenübergreifend 46,7 Prozent. Ihrer Analyse zufolge nimmt dieser Wert bei Gesundheitsberufen ohne Approbation bis 2035 aber um vier Prozentpunkte ab. Caroline Neuber-Pohl erklärt dies vor allem mit der Lohnentwicklung.

Sie rät Arbeitgebern, stärker in die Ausbildung zu investieren. Damit nicht genug: „Um das Berufsfeld attraktiv zu gestalten, spielt nicht zuletzt die Vergütung eine Rolle.“ Als weitere Faktoren seien bessere Aufstiegschancen und Arbeitsbedingungen wichtig.

Michael van den Heuvel

Quelle: Das Pflege- und Gesundheitspersonal wird knapper (BWP-Artikel), online unter http://bit.ly/2kAqYfS

 

Jammern reicht nicht!

Ein Kommentar von ADEXAs Erstem Vorsitzenden Andreas May

Dass der Bedarf an Fachkräften im Gesundheitswesen weiter ansteigen wird, überrascht niemanden. Seit Jahren berichten Demographen von diesem Trend. In ihrer Studie zeigt Caroline Neuber-Pohl vom BiBB auf, was zu tun ist: Die Berufsbilder müssen für Jugendliche, aber auch für Quereinsteiger wieder attraktiver werden. Das betrifft sowohl Gehälter als auch berufliche Perspektiven von Angestellten.

Nicht zuletzt fordert die Forscherin Arbeitgeber auf, wieder mehr beruflichen Nachwuchs auszubilden. Auch hier trifft sie den Nagel auf den Kopf: Wie der Brancheninformationsdienst APOkix am Kölner Institut für Handelsforschung im Dezember 2016 mitteilte, zeigt die Mehrheit der Inhaber wenig Ausbildungsengagement. Von rund 200 Befragten gaben 67 Prozent an, die Besetzung von PTA-Praktikanten hätten keine oder niedrige Relevanz für den Betrieb. Bei PKA-Auszubildenden waren sogar 85 Prozent dieser Meinung.

Ganz klar, das EUGH-Urteil hat zu einer Verunsicherung beitragen. Trotzdem sollten Inhaber nachhaltig handeln. Seit längerem klagen zahlreiche Apotheken über Probleme bei der Stellenbesetzung. Es müssen also alle Anstrengungen unternommen werden, um die wirtschaftliche Situation, aber auch das Profil der Apotheken zu stärken.

Und der Politik sei gesagt, dass es mit Sicherheit keine nachhaltige Lösung darstellt, das deutsche Gesundheitswesen ausländischen Kapitalgesellschaften preiszugeben.   

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>