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02. Januar 2017

Interview mit dem ADEXA-Vorstand: Gewerkschaftliche Ziele für 2017

Andreas May und Tanja Kratt (Fotos: ADEXA)

Das neue ADEXA-Vorstandsteam mit Andreas May und Tanja Kratt ist seit dem Jahreswechsel im Amt. Im Interview geben die beiden Gewerkschaftsvorsitzenden einen Ausblick auf ihre berufs- und tarifpolitischen Ziele für das Jahr 2017.

 

Herr May, Sie sind seit dem 1. Januar neuer Erster Vorsitzender der Apothekengewerkschaft. Was bedeutet das für Sie persönlich und welche Erwartungen können die ADEXA-Mitglieder an Ihre Amtsführung haben?

Von 2004 bis zum Jahresende 2016 habe ich als Mitarbeiter in öffentlichen Apotheken gearbeitet. Alle Erfahrungen, die ich dort gemacht habe – mit Kunden und Patienten, mit Kolleginnen und Kollegen, mit Arbeitgebern und mit der beruflichen Vertretung durch ABDA und ADEXA – nehme ich mit als Basis, um mich jetzt voll auf die Interessenvertretung der Apothekenangestellten zu konzentrieren, und zwar ausdrücklich für alle Berufsgruppen. Das heißt, ich weiß, welche Kompetenzen und Qualifikationen aufgrund unserer Ausbildungen vorliegen – die aus politischen Gründen zum Teil noch lange nicht ausgeschöpft werden. Ich weiß, wie engagiert die Teams sind bzw. sein können, wenn die Führungsqualitäten stimmen, wenn es eine wertschätzende Atmosphäre gibt und Fortbildung ausdrücklich gefördert wird.

Unsere Mitglieder können sich darauf verlassen, dass ich ab sofort alle meine berufliche Energie für ihre Belange einsetzen werde. Dabei möchte ich speziell auch die jüngeren Mitglieder ansprechen und in die Entscheidungsfindung einbeziehen. Und den Berufsnachwuchs möchte ich motivieren, sich über die Mitgliedschaft bei ADEXA für ihre beruflichen Belange zu engagieren, sehr gern auch aktiv in unseren Gremien.

Gewerkschaft ist auch 2017 kein alter Hut, sondern das Beste, was man sich als Mitarbeiterin und Mitarbeiter als berufliche Unterstützung wünschen kann. 

Sie sind einer der wenigen männlichen PTA. Was für Forderungen und Wünsche haben Sie für Ihre Berufsgruppe – zum einen an die verantwortlichen Politiker im Bund und in den Ländern, zum anderen an die Arbeitgeber und die Standespolitik?

Ganz allgemein wünsche ich mir, dass Männer als PTA in zehn Jahren keine Exoten mehr sind. Denn auch wenn das für manche Kollegin überheblich klingen mag: Ein höherer Männeranteil wäre vermutlich förderlich für das Image, die öffentliche Wertschätzung und die Vergütung des PTA-Berufs. Das ist ja nicht nur in unserem Bereich so, sondern gilt branchenübergreifend. Wir müssen also für die PTA als existenzsichernden Beruf für Frauen und Männer werben. Dieser Wunsch richtet sich an die Verantwortlichen in der Fachöffentlichkeit – einschließlich uns PTA selbst, die wir ja als Multiplikatoren für unseren Beruf agieren.

Ich wünsche mir von der Politik darüber hinaus, dass die Neuordnung der PTA-Ausbildung nicht weiter auf die lange Bank geschoben wird. Bei den PKA hat es auch geklappt und es zeigen sich bereits Erfolge, weil die Qualifikation der Absolventen besser und passgenauer geworden ist. Das brauchen wir endlich auch für die PTA. Ebenso ist das Pharmaziestudium an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.

Wir können nicht alle neuen Inhalte und Anforderungen erst über die spätere berufliche Fortbildung abdecken. Eine dreijährige PTA-Ausbildung ist aus meiner Sicht für die aktuellen Tätigkeiten ein Muss. Und erst recht für die künftigen Herausforderungen – Stichwort Apotheke 2030.

Das geht natürlich nur mit kontinuierlichem Nachdruck durch die PTA-Interessenvertreter und mit einem echten Engagement für die größte Berufsgruppe in der Apotheke durch die Arbeitgeber und ihre Organisationen.

 

Frau Kratt, nach zehn Jahren im Vorstandsteam mit Barbara Stücken-Neusetzer hat sich die ADEXA-Doppelspitze jetzt neu zusammengesetzt. Wie wird Ihre künftige Arbeitsteilung aussehen?

Die inhaltliche Arbeitsteilung wird sich nicht wesentlich verändern: Andreas May ist, wie bisher seine Vorgängerin, für die Berufspolitik und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. In der Tarifkommission, deren Leitung ich jetzt in der dritten Amtsperiode innehabe, haben wir beide schon seit 2014 zusammengearbeitet; das wird auch künftig so sein. Ich freue mich, die aktuellen und kommenden Aufgaben als gemischtes Doppel anzupacken und zu bewältigen!

Stichwort Tarifpolitik: Was wünschen Sie sich von der Bundespolitik? Und was von den Arbeitgeberverbänden?

Dazu möchte ich Zahlen nennen, die die Bundesregierung Ende des Jahres auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion vorgelegt hat*: 2015 verdienten Arbeitnehmer in Vollzeit hierzulande im Durchschnitt 3.084 Euro brutto monatlich. Als Schwelle zum Niedriglohn gelten zwei Drittel dieses mittleren Einkommens. Das waren 2015 also 2.056 Euro brutto. Übrigens: Mit 28,4 Prozent liegt mehr als ein Viertel aller weiblichen Vollzeitbeschäftigen unter dieser Schwelle, bei den Männern sind es „nur“ 16,1 Prozent.

Wenn man nun diese 2.056 Euro mit den tariflichen Monatsgehältern von PTA und PKA im Jahr 2016 vergleicht, wird eines ganz deutlich: Die Honorierung der Apotheken durch die Kassen bzw. die Politik und damit die der Mitarbeiter ist nicht ausreichend! Denn die Arbeitgeber sitzen ja nicht wie der Drache Smaug auf Goldschätzen, die sie horten und von denen sie nichts an ihre Beschäftigten abgeben wollen – zumindest gilt das für die überwiegende Mehrzahl. Vielmehr hat der Gesetzgeber seit Jahren und Jahrzehnten die Apotheken zu knapp gehalten. Hier muss sich schnell etwas bewegen!

Der Apothekenbereich braucht, um Zukunftsperspektiven zu haben und zu bieten, nicht nur die freiwillige übertarifliche Bezahlung einiger Inhaber. Wir fordern auch zeitnah eine deutlich bessere tarifliche Vergütung! Denn Apotheken benötigen Berufsnachwuchs und keine Abwanderung Richtung Industrie. Neben attraktiven Einstiegsgehältern sind daher auch entsprechend angemessene Vergütungen für langjährige, erfahrene Mitarbeiter wichtig. Wir wollen eine tarifliche Eingruppierung für Filialleiter, die deren großer Verantwortung gerecht wird. Berufsanfänger aus Kostengründen mit dieser Aufgabe zu betrauen, nur weil sie tariflich günstiger eingestuft sind, ist eine betriebswirtschaftliche „Notlösung“, die keinem der Beteiligten – also der jungen Filialleitung, dem Team, den Patienten und am Ende dem Inhaber – wirklich zu Gute kommt! Und wir brauchen tarifliche Anreize für fort- und weiterbildungsaktive Mitarbeiter. Denn die müssen die Apotheken tatsächlich hüten und pflegen wie einen Schatz!

Vielen Dank für das Gespräch!

Fragen: Sigrid Joachimsthaler

Quelle: Drucksache 18/10603 vom 9.12.2016 (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE).

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