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12. August 2016

Neue Daten zur sozialen Ungleichheit: Immer ärmer, immer reicher

Nimmt die soziale Ungleichheit in Deutschland zu? Bremst oder fördert Ungleichheit das Wachstum der Wirtschaft? Und wie sollen wir mit Ungleichheit in der Zukunft umgehen? Mit diesen Fragen haben sich Forscher am Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung befasst.

Das WSI erhebt regelmäßig Daten von 10.000 Haushalten in Deutschland, um sozioökonomische Trends zu beobachten. Wissenschaftler fanden heraus, dass Einkommensunterschiede im Jahr 2005 einen Maximalwert erreichten. Nach Jahren ohne weiteren Anstieg klafft die Schere seit 2010 weiter auseinander. Ein Ende des Trends zeichnet sich bis heute nicht ab.

Vermögen in wenigen Händen

Damit nicht genug: „Vermögen sind grundsätzlich sehr viel ungleicher verteilt als Einkommen“, schreiben WSI-Experten. Analysen zufolge besitzen zehn Prozent der Haushalte in

Deutschland etwa 60 Prozent des Gesamtvermögens. Und knapp drei Viertel aller Haushalte müssen mit unterdurchschnittlichen Beträgen auskommen. Weitere neun Prozent sind verschuldet. „Die Ungleichverteilung hat sich in letzter Zeit weiter verschärft. Innerhalb der Eurozone ist Deutschland nach Österreich das Land mit der höchsten Vermögensungleichheit“, heißt es im Report.

Mehr Ungleichheit, weniger Wachstum

Diese Trends haben aber nicht nur für Angestellte verheerende Folgen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Forschungsarbeiten des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) kommen zu dem Ergebnis, dass Länder mit höherer Einkommensungleichheit mit einem geringeres Wirtschaftswachstum und mit kürzeren

Wachstumsphasen zu rechnen haben als Regionen ohne großen Unterschied. Zur Erklärung: Unteren Einkommensgruppen fehlt bei steigender Ungleichheit mehr und mehr die Möglichkeit, in Bildung zu investieren.

Maßnahmen gegen die Armut

Dazu ein paar Daten aus Deutschland. Im Jahr 2012 lag das mittlere Einkommen für Einpersonenhaushalte bei etwa 20.000 Euro. Rund 14 Prozent hatten weniger als 60 Prozent dieser Summe und waren demnach arm. Etwa 15,5 Prozent aller Angestellten mussten mit einem Bruttostundenlohn von weniger als 8,50 Euro auskommen. Erste Studien zeigen, dass es seit der Einführung des Mindestlohns gerade in den klassischen Niedriglohnbranchen zu überdurchschnittlich hohen Lohnsteigerungen gekommen ist; im Osten stärker als im Westen. „Daher könnte der Mindestlohn den aktuellen Anstieg der Einkommensungleichheit etwas dämpfen“, schlussfolgern WSI-Forscher.

Als weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation sehen sie einen höheren gewerkschaftlichen Organisationsgrad, staatliche Investitionen in die frühkindliche Bildung, eine progressive Besteuerung von Kapitalerträgen sowie Strategien gegen Steuerhinterziehung.

Bleiben noch die Renten. Deutschlands Politiker haben durch ihre Reformen den umlagefinanzierten, paritätischen Anteil geschwächt und gleichzeitig das kapitalgedeckte private System gefördert. Gerade Ärmeren fehlen jedoch trotz staatlicher Förderung oftmals die finanziellen Mittel zur privaten Altersvorsorge. Anders als in Ländern wie Österreich sind bei uns nur Angestellte pflichtversichert, während Selbstständige und Beamte mit oftmals besserem Salär eigene Versorgungssysteme haben.

In Deutschland erreicht die sogenannte Nettoersatzquote der Altersrente, also der Nettorentenanspruch gemessen am Nettoarbeitsentgelt vor Renteneintritt, gerade einmal 50 Prozent. In Österreich sind es 92 Prozent. Jetzt ist die Regierung gefordert, Maßnahmen zu ergreifen.

Michael van den Heuvel

Quelle: http://www.boeckler.de/wsi_66092.htm

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