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22. März 2024

Was tun bei einem Betriebsübergang oder bei einer Insolvenz? Tipps aus der ADEXA-Rechtsberatung

Derzeit werden viele Apotheken verkauft. In Fachmedien ist auch immer öfter von Insolvenzen zu lesen. Worauf sollten Angestellte in diesen besonderen Situationen achten? Minou Hansen, Rechtsanwältin und Business Coach bei ADEXA, hat das Thema arbeitsrechtlich beleuchtet.

„Eine Apotheke kann nach Entscheidung der Apothekenleitung zu jedem Zeitpunkt verkauft oder aus anderen Rechtsgründen übertragen werden“, sagt Hansen. „Das gilt auch für einzelne Filialen des Apothekenverbundes.“

Hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Apothekenleitung verweist die ADEXA-Rechtsanwältin auf § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Demnach müssen Angestellte lediglich darüber informiert werden, dass ein so genannter Betriebsübergang ansteht. Wichtig sind der Zeitpunkt und die Art des Betriebsübergangs, meist ein Verkauf. Wird die Apotheke Teil eines Filialverbundes? Handelt es sich künftig um eine OHG? Und gibt es einen Betriebsrat? Wirtschaftliche Erwägungen bzw. Gründe müssen Chefin oder Chef nicht mitteilen.

Arbeitsverträge sind beim Betriebsübergang weiter gültig

„Die Arbeitsverhältnisse gehen so, wie sie bestehen, auf die neue Apothekenleitung über“, sagt Hansen. Angestellten rät sie aber, mündliche Vereinbarungen – oder gar mündliche Arbeitsverträge – noch vor dem Betriebsübergang in eine Schriftform zu bringen.

Wichtige Aspekte sind die Lage der Arbeitszeiten, übertarifliche Zulagen, tarifliche Gehaltssteigerungen und viele mehr. Sprich: Die scheidende Chefin bzw. der scheidende Chef stellt entsprechende Dokumente aus, und beide Seiten unterzeichnen diese. Auch ein Zwischenzeugnis kann zu diesem Zeitpunkt sinnvoll sein.

Setzt die künftige Apothekenleitung einen neuen Arbeitsvertrag auf, lohnt es sich, alle Details gründlich zu prüfen. „Man muss sich nicht auf Verschlechterungen einlassen“, sagt Hansen. „Eine Kündigung allein wegen des Betriebsübergangs ist laut § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam.“ Alle anderen Kündigungsmöglichkeiten bleiben bestehen.

Ansprüche gehen nicht verloren

„Akzeptieren Mitarbeitende den Betriebsübergang, beginnt kein neues Arbeitsverhältnis“, stellt die ADEXA-Rechtsanwältin klar. „Die Arbeitsverhältnisse gehen so, wie sie bestehen, auf die neue Apothekenleitung über.“

Auch bei der Betriebszugehörigkeit zählt das ursprüngliche Eintrittsdatum. Urlaubsansprüche bleiben ebenfalls bestehen; freie Tage müssen weder direkt genommen noch anteilig ausgezahlt werden. Minou Hansens Tipp: „Falls Sie noch Resturlaub haben, kann es sinnvoll sein, sich diesen quittieren zu lassen.“

Ansprüche auf tarifliche Sonderzahlungen bleiben im Zuge des Betriebsübergangs erhalten. Die scheidende Apothekenleitung kann sie anteilig zum Übergang des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen, ist dazu aber nicht verpflichtet.

War Chefin oder Chef bislang tarifgebunden, die neue Apothekenleitung hat aber keine Tarifbindung, dürfen tarifliche Bestimmungen des Arbeitsvertrags nicht vor Ablauf eines Jahres zum Nachteil der Mitarbeitenden abgeändert werden. Generell gibt es aber – entgegen häufigen Vermutungen – keinen zwölfmonatigen Bestandsschutz.

Dem Betriebsübergang widersprechen

Mitarbeitende müssen dem Betriebsübergang keineswegs zustimmen. Sie haben die Option, innerhalb eines Monats nach Zugang der Information zu widersprechen. In diesem Fall bleiben sie der früheren Apothekenleitung angestellt.

Da diese keine Apotheke mehr hat, folgt vermutlich eine betriebsbedingte Kündigung unter Anwendung der gesetzlichen bzw. tariflichen Kündigungsfristen. „Aus § 615 BGB lässt sich im Ergebnis ableiten, dass man in der übertragenen Apotheke bis zum Ende der Kündigungsfrist weiter arbeiten muss, um den Gehaltsanspruch nicht zu verlieren“, gibt Hansen zu bedenken.

Rechte und Pflichten bei Schließung einer Apotheke

Wird eine Apotheke geschlossen, handelt es sich einzig und allein um eine unternehmerische Entscheidung der Apothekenleitung. „Angestellte müssen nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen werden – und werden deshalb mitunter vor unerwartete Tatsachen gestellt“, so Hansen. Alle arbeitsrechtlichen Pflichten, auch Kündigungsfristen, gelten weiter.

Wird die Betriebsstätte vollständig geschlossen, kann auch eine Kündigung von schwerbehinderten Menschen, von Schwangeren oder von Mitarbeitenden in Elternzeit wirksam sein. Zuvor muss allerdings das Integrationsamtes bzw. die zuständige Landesbehörde zustimmen.

Angestellte sind bei einer Insolvenz weitgehend geschützt

Gerät eine Apotheke in finanzielle Schieflage und kann offenen Forderungen nicht mehr begleichen, so können die Gläubiger oder die Apothekenleitung Insolvenz beantragen. Das zuständige Insolvenzgericht entscheidet über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, um Ansprüche der Gläubiger zu erfüllen.

„Mitarbeitende sind unter anderem durch das Insolvenzgeld besonders geschützt“, so Hansen. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt Insolvenzgeld für den ausstehenden Lohn für drei Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Höhe entspricht in der Regel dem letzten Nettogehalt.

Allen ADEXA-Mitgliedern rät die Anwältin, bei Zweifeln oder Unklarheiten die ADEXA-Rechtsberatung zu kontaktieren.

Michael van den Heuvel

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