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30. November 2016

Fokus Sonderzahlung: Warum Sie Ihr Novembergehalt überprüfen sollten

Für tarifgebundene Apothekenangestellte war in diesem Jahr der 29. November Stichtag für die Auszahlung der tariflichen Sonderzahlung. Neben der zeitlichen Frist spielt natürlich auch die Höhe dieses „Weihnachtsgeldes“ eine wichtige Rolle. Übrigens: Eine aktuelle Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass Gewerkschaftsmitglieder beim Weihnachtsgeld die Nase vorn haben.

Laut Tarifvertrag muss Ihnen als Apothekenangestellten Ihr Gehalt am vorletzten Banktag des Monats während der Arbeitszeit zur Verfügung stehen (§ 17 Abs. 6 BRTV/RTV NR). 2016 fällt dieser Termin auf den 29. November. Vorausgesetzt natürlich, es besteht bei Ihnen Tarifbindung. Das ist immer dann der Fall, wenn Sie ADEXA-Mitglied sind und Ihr Arbeitgeber Mitglied der jeweiligen Tariforganisation, bzw. auch dann, wenn Sie die Geltung des BRTV in Ihrem Arbeitsvertrag vereinbart haben.

Gleichzeitig ist dieser Tag der letztmögliche Termin, an dem Ihr Arbeitgeber Ihnen die jährliche Sonderzahlung nach § 18 BRTV/RTV Nordrhein überweisen muss. Sie beträgt 100 Prozent Ihres tariflichen Monatsverdienstes.

Nanu, da ist ja gar nichts …!?

Sie sind tarifgebunden, haben aber auf dem Novembergehaltszettel bzw. auf Ihrem Konto keinen Eingang der Sonderzahlung finden können oder nur einen mehr oder weniger hohen Bruchteil des 13. Gehalts? Das könnte eine von mehreren Ursachen haben:

1. Ihr Chef hat Ihnen die Sonderzahlung bereits mit dem Juni- oder Juligehalt überwiesen, also als Urlaubsgeld. Nach § 18 Abs. 6 ist es nämlich dem Arbeitgeber vorbehalten, den Auszahlungszeitpunkt zu bestimmen, solange er die Novemberfrist beachtet.

2. Ihr Chef überweist Ihnen monatliche Teilbeträge – auch das ist laut Tarifvertrag in Ordnung, solange Sie bis Ende November die volle Summe erhalten haben.

3. Ihr Arbeitsverhältnis in der Apotheke bestand Ende November noch nicht länger als sechs Monate. Das heißt aber nicht, dass Ihr Anspruch für die ersten sechs Monate ganz verloren ist – sobald feststeht, dass Sie länger beschäftigt sind, muss Ihr Chef Ihnen die anteilige Sonderzahlung nachzahlen, und zwar ein Zwölftel des vollen Betrages für jeden vollen Beschäftigungsmonat.

4. Sie sind im Laufe dieses Jahres aus der Elternzeit zurückgekommen. Dann hätte sich Ihr Anspruch für jeden vollen Monat der Elternzeit um ein Zwölftel reduziert. Wenn Sie beispielsweise von Mitte 2013 bis zum 15. September 2016 in Elternzeit waren, würden Sie für 2016 einen Anspruch auf vier Zwölftel Ihres monatlichen Tarifgehaltes haben. Aber Achtung: Zeiten des Mutterschutzes reduzieren den Anspruch auf Sonderzahlung nicht.

5. Sie haben im Verlauf des Jahres einen unbezahlten Urlaub genommen oder waren länger krank, als die Gehaltsfortzahlung des Arbeitgebers dauert (sechs Wochen). Für diese Zeiten reduziert sich Ihr Anspruch anteilig.

6. Sie haben Ihre Stundenzahl im Laufe des Jahres deutlich erhöht. Dann ist die Sonderzahlung nicht in Höhe des letzten tariflichen Monatsverdienstes fällig, sondern es wird der Jahresdurchschnitt zugrunde gelegt. Anders ist es, wenn Sie im Laufe des Jahres in eine höhere Berufsjahresgruppe gekommen sind: Dann steht Ihnen die Sonderzahlung in Höhe des jetzt höheren Tarifgehalts zu.

7. Ihr Chef hat aus wirtschaftlichen Gründen die Sonderzahlung nicht zahlen wollen oder können. An dieser Stelle müssen wir ein bisschen weiter ausholen …

§ 18 Abs. 8 BRTV/RTV NR

Vor einigen Jahren, als eine der diversen Gesundheitsreformen übers Apothekenland zog, haben die Tarifvertragsparteien eine Klausel in den Bundesrahmentarifvertrag aufgenommen: Danach kann der Arbeitgeber in wirtschaftlichen Notsituationen die tarifliche Sonderzahlung um bis zu 50 Prozent kürzen. Das geht aber nicht nur auf Basis eines Bauchgefühls. Vielmehr haben Sie als potentiell Betroffene das Recht, im Zweifelsfall nachprüfbare Zahlen zu verlangen.

Außerdem gibt es im Tarifbereich des ADA (alle Bundesländer bis auf Nordrhein und Sachsen) seit 1.1.2015 die Regelung, dass solch eine Kürzung nur zulässig ist, wenn sie mindestens vier Wochen vor Fälligkeit angekündigt wird. Dieser Termin war 2016 der 1. November. Ohne diese fristgerechte Ankündigung darf also nicht reduziert werden (es sei denn, Sie arbeiten im Kammerbezirk Nordrhein oder Sachsen). Alle anderen Regelungen gelten auch für Nordrhein, zum Beispiel diese: Wenn die Sonderzahlung gekürzt wird, der Mitarbeiter aber trotzdem innerhalb von sechs Monaten nach dieser reduzierten Zahlung betriebsbedingt gekündigt wird, wird die Differenz zur vollen Summe mit Ausspruch der Kündigung fällig.

Klar ist auch, dass diese Kürzungsregel nicht zur „betrieblichen Übung“ werden darf. Das heißt: Eine einmalige, wirtschaftlich nachvollziehbare Kürzung wäre in Ordnung. Mehrjährige oder dauerhafte Kürzungen der Sonderzahlung sind allerdings nicht mit den Regelungen der Tarifverträge vereinbar!

Ergebnisse einer Online-Umfrage

Auf dem vom WSI-Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung betreuten Online-Portal www.lohnspiegel.de haben sich rund 6.000 Beschäftigte an einer Online-Umfrage zum Thema Weihnachtsgeld beteiligt. Die Auswertung der Daten (Zeitraum 4/2015 bis 8/2016) ergab: Rund 55 Prozent der Umfrageteilnehmer bekommen ein Weihnachtsgeld als Jahressonderzahlung. Dabei gibt es mehrere Faktoren, die Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit haben, von dieser Leistung zu profitieren:

  • Gilt im Betrieb ein Tarifvertrag, ist die Chance auf Weihnachtsgeld mit 71 Prozent höher als in Unternehmen, in denen der Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist (44 Prozent). 
  • Von den befragten Gewerkschaftsmitgliedern erhalten 62 Prozent Weihnachtsgeld, bei Nichtmitgliedern sind es dagegen nur 53 Prozent.
  • Männer haben mit 57 Prozent etwas häufiger die weihnachtliche Sonderzahlung auf dem Konto als Frauen (51 Prozent).
  • In Ostdeutschland (45 Prozent) ist das Weihnachtsgeld immer noch seltener verbreitet als im Westen (57 Prozent).

„Grundsätzlich sehen in den meisten Wirtschaftszweigen die geltenden Tarifverträge ein Weihnachtsgeld vor“, heißt es in der entsprechenden Pressemeldung des WSI-Tarifarchivs. Und wie im Apothekenbereich beträgt der Anspruch einen festen Prozentsatz des Monatsverdienstes.

Wenn kein Tarifanspruch besteht …

Wenn Ihr Arbeitgeber und/oder Sie selbst nicht tarifgebunden sind, vereinbart er in manchen Fällen trotzdem ein Weihnachtsgeld oder eine andere Sonderzahlung wie Urlaubsgeld, eine Jahresprämie und eine andere Gratifikation. Solche arbeitsvertraglichen Sonderzahlungen sind häufig mit einer sogenannten „Widerrufsklausel“ verbunden. Das heißt, dass diese Leistung jederzeit vom Arbeitgeber gestrichen werden kann. Das geht bei der tariflichen Sonderzahlung des BRTV bzw. RTV NR nicht.

Unterstützung von der ADEXA-Rechtsabteilung

Weitere Infos zum Thema Sonderzahlung – Stichwort Arbeitgeberwechsel und Kündigung u. a. – finden Sie als ADEXA-Mitglied auch hier auf der Website im Login-Bereich in der Rubrik „Rechtliche Infos“. Mitglieder können sich bei Fragen zur tariflichen Sonderzahlung auch an unsere Rechtsabteilung wenden (info[at]adexa-online.de) – oder Sie nutzen unsere Abendsprechstunden. Sprechzeiten und Kontakt ebenfalls auf der Website.

Dr. Sigrid Joachimsthaler

Quelle: PM „Wer bekommt Weihnachtsgeld – was sehen die Tarifverträge vor?“ des WSI-Tarifarchivs vom 9.11.2016

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