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26. Januar 2024

Gegen die digitale und reale Verrohung - Ein Kommentar von Bundesvorstand Tanja Kratt zur Berufsordnung der LAK Thüringen

Doch, man kann in diesem Lande immer noch seine Meinung sagen – zumindest dann, wenn man auch bereit ist, Gegenargumente und Widerspruch auszuhalten! Aber genau wie in anderen Lebensbereichen gibt es bestimmte Regeln, die dafür sorgen sollen, dass die Menschenwürde geachtet, Minderheiten geschützt und die Verbreitung von Hass, Hetze und persönlichen Angriffen unter der Gürtellinie vermieden werden.

Dass dies auch innerhalb unserer Branche gelten sollte, also im Apothekenbereich, ist eigentlich selbstverständlich. Dass es diese Regelungen kürzlich im Kammerbezirk Thüringen in die Berufsordnung geschafft haben, ist einerseits traurig als Zeichen für die offensichtliche Verrohung der Sitten. Und andererseits begrüßenswert, weil damit ein berufsrechtlicher Schutzmechanismus zusätzlich zu den bestehenden juristischen Möglichkeiten geschaffen wird.

Ein wichtiges und richtiges Argument aus Thüringen: Wie soll man Kolleginnen und Kollegen für die berufspolitische Arbeit gewinnen, wenn sie bei ihrem Engagement immer wieder mit grenz- bis widerwärtigen Posts von (vielfach anonymen) Forentrollen konfrontiert sind – oder einfach mit dem jahrelangen Frust von anderen Apothekerinnen und Apothekern, der sich in hässlichen Pöbeleien äußert? Welch ungünstiges Licht solche Diskussionen auf die Apothekenteams werfen können und welche Auswirkungen das auf die Gesprächsbereitschaft von Gesundheitspolitikern haben mag, ist ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes Thema.

Dass nicht nur die digitale Kommunikation von immer mehr Hass, Beleidigungen und Fake News betroffen ist, sondern auch im „realen Leben“ die Gewalt und das Mobbing zunehmen, zeigt u. a. eine Umfrage von #NDRfragt zu schulischen Themen: 70 Prozent der Befragten sehen Gewalt und Mobbing als sehr großes oder eher großes Problem an Schulen.

Es zieht sich also durch alle Lebensbereiche und Lebensalter. Eine mögliche Ursache – neben der Anonymität im Netz – ist vielleicht eine mangelnde Medienkompetenz zusammen mit einem überhöhten Optimismus der Medienschaffenden. Viele Anbieter von Online-Medien waren lange begeistert von der belebenden Wirkung der Kommentarfunktion. Dass Lautstärke und Vehemenz kein Maß für die Richtigkeit der Argumente sind, wurde spät begriffen, wie auch, dass sich die Vernünftigen dann oftmals zurückziehen. Sich als Gesellschaft und als Branche diese schlechten Sitten wieder abzugewöhnen, ist schwer, aber nicht hoffnungslos. Ein respektvollerer Ton wäre in jedem Fall wünschenswert.

Tanja Kratt, ADEXA-Bundesvorstand

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