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05. Oktober 2015

Positives Update zum Mindestlohn: Unkenrufe aus der Wirtschaft

Vor Einführung des Mindestlohns hatten Wirtschaftsexperten befürchtet, Gehaltsuntergrenzen würden Arbeitsplätze kosten. Zu Unrecht, berichten Forscher auf Basis aktueller Zahlen. Mittlerweile schätzen sogar Firmen die gesetzliche Regelung. 

Wirtschaftswissenschaftler hatten prognostiziert, der gesetzliche Mindestlohn könne bis zu 1,5 Millionen Jobs kosten. Eine neue Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen und des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass entsprechende Befürchtungen falsch sind.

Treibende Kraft des Arbeitsmarkts

Dr. Claudia Weinkopf und Dr. Thorsten Schulten haben Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) und des Statistischen Bundesamts ausgewertet. Ihr Ergebnis: Zwischen Dezember 2014 und Juni 2015 verringerte sich die Zahl arbeitsloser Menschen saisonbereinigt um 55.000.

Damit nicht genug: In den ersten vier Monaten des laufenden Jahres entstanden deutschlandweit 216.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs. Einbrüche gäbe es lediglich bei niedrig bezahlten und schlecht abgesicherten Minijobs, schreiben Schulten und Weinkopf. Laut BA hat die Zahl der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse seit Dezember 2014 um 206.000 abgenommen, die Minijob-Zentrale weist ein Minus von 190.000 im ersten Quartal 2015 aus.

Verbraucherpreise stiegen kaum

Mindestlöhne vernichten also keine Jobs. Die Forscher sehen jedoch einen möglichen Zusammenhang von Preissteigerungen bei Obst und Gemüse, bei der Personenbeförderung oder bei Zeitungen und Zeitschriften mit erhöhten Personalkosten. „Mitnahmeeffekte“ sind eine weitere Erklärung, denn bisher gelten in der Landwirtschaft und für Zeitungszusteller durch eine Ausnahmeregelung sogar noch niedrigere Untergrenzen für Gehälter.

So oder so halten sich mögliche Folgen in engen Grenzen. Der durchschnittliche Anstieg der Verbraucherpreise fiel mit 0,4 Prozent äußerst gering aus.

Kontrolle ist besser

Defizite bestehen aber bei der Umsetzung von Mindestlöhnen. Aus dem Gesetz gehe nicht eindeutig hervor, welche Vergütungsbestandteile bei der Berechnung von Stundenlöhnen relevant seien, kritisieren Schulten und Weinkopf. Auch müssten vom Zoll mehr Kontrolleure eingesetzt werden. Um Angestellte zu unterstützen, halten die Wissenschaftler ein Verbandsklagerecht für sinnvoll. Sie sehen Gewerkschaften in einer deutlich besseren Position als den einzelnen Beschäftigten, um sich gegen Verstöße zur Wehr zu setzen.

Michael van den Heuvel

Quelle: Thorsten Schulten, Claudia Weinkopf: Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns – eine erste Zwischenbilanz, in: Stefan Körzell, Claudia Falk (Hg.): Kommt der Mindestlohn überall an? Eine Zwischenbilanz, VSA, Hamburg 2015

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