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19. August 2022

Quarantäne während des Urlaubs - Auch Arbeitsgerichte betreten Neuland

In den letzten zwei Jahren hat das Corona-Virus vieles auf den Kopf gestellt. Apothekenteams wurden gefühlt täglich vor neue Herausforderungen gestellt. Dadurch gab es auch neuartige arbeitsrechtliche Fragen, von denen einige noch auf dem Weg durch die gerichtlichen Instanzen sind. 

Oft handelte es sich um Fragen zum Arbeitsschutz: Muss es Tragepausen von den Masken geben? Dürfen Schwangere im Handverkauf eingesetzt werden? Einige Apotheken mussten Kurzarbeit einführen, was zu unglaublich kompliziert nachzuvollziehenden Gehaltsabrechnungen führte. Insbesondere dann, wenn im gleichen Monat vielleicht auch noch Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz abgerechnet wurden. Für fast alle von uns war dies Neuland.

Auch die Arbeitsgerichte wurden mit Fragen konfrontiert, die sich (zum Glück) vorher noch nie gestellt hatten. Einige dieser rechtlichen Auseinandersetzungen sind jetzt, nachdem sie die Instanzen durchlaufen haben, vor dem Bundesarbeitsgericht gelandet. Schon in der letzten Woche gab es ein beachtenswertes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zu der Frage, ob Arbeitgebende zu Lasten der Mitarbeitenden strengere Hygiene-Regeln aufstellen durften DAZ (mehr lesen).

BAG wendet sich an den EuGH

In dieser Woche ist ein sogenanntes Vorabentscheidungsersuchen des Bundesarbeitsgerichts an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) durch die Presse gegangen. Das BAG bittet darin um Klärung folgender Frage: Verstößt es gegen EU-Recht, wenn einem Arbeitnehmer, der während eines bereits genehmigten Urlaubs einer behördlichen Quarantäne unterliegt, dieser Urlaub nicht wieder gutgeschrieben wird?

Anlass war ein Fall aus Nordrhein-Westfalen. Dort hatte ein Schlosser für Oktober 2020 acht Tage Urlaub beantragt, der von seinem Betrieb auch genehmigt wurde. Kurz bevor dieser Urlaub angetreten werden sollte, ordnete die Stadt Hagen für den Kläger eine Quarantäne an, weil er Kontaktperson einer infizierten Person war. Der Arbeitnehmer durfte also während des gesamten Urlaubs seine Wohnung nicht verlassen. Er ging davon aus, dass dieser Fall so zu behandeln sei wie eine Erkrankung während des Urlaubs, und beantragte, dass die acht Tage seinem Urlaubskonto wieder gutgeschrieben werden.

Vor dem Arbeitsgericht Hagen und dem Landesarbeitsgericht Hamm wurden Argumente ausgetauscht. So hat der Klägervertreter vorgetragen, dass der Erholungszweck des Urlaubs – ähnlich wie bei einer Erkrankung – wegfällt, wenn man die Wohnung nicht einmal für einen Spaziergang verlassen dürfe. Die Gegenseite argumentierte, dass der Betrieb seine Pflichten erfüllt habe, indem dem Urlaubsantrag stattgegeben und die Vergütung weitergezahlt wurde. Ein „Urlaubserfolg“ sei nicht geschuldet.

Anders als das Arbeitsgericht hatte das Landesarbeitsgericht der Klage im Berufungsverfahren stattgegeben.

Es geht ums EU-Sozialrecht

Nach den Ausführungen des EuGH ist der Anspruch von Beschäftigten auf bezahlten Jahresurlaub als ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft anzusehen, von dem nicht abgewichen werden darf.  Es bleibt also spannend, wie der EuGH und nachfolgend dann das BAG in dieser Frage entscheiden werden. Es dürfte nicht wenige Fälle geben, in denen Apothekenangestellte während ihres Urlaubs einer Quarantäne unterlagen, ohne arbeitsunfähig zu sein.

Minou Hansen
Rechtsanwältin bei ADEXA


Was gilt allgemein bei Krankheit im Urlaub?

Wenn Arbeitnehmende während ihres Urlaubs erkranken, gibt es eine klare Regelung: Gemäß § 9 BUrlG werden die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit, die während eines genehmigten Urlaubs eintreten, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Wichtig ist, dass hier ab dem ersten Tag der Erkrankung ein Attest erforderlich ist. Und bei einer Erkrankung im Ausland unbedingt auch mit der Krankenkasse Rücksprache halten!

 

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