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12. März 2015

Untersuchung zum Mindestlohn: Spielraum nach oben

Viele EU-Länder haben Mindestlöhne eingeführt – mittlerweile auch Deutschland. Forscher der Hans-Böckler-Stiftung sprechen von einem „bescheidenen Niveau“. Weitere Defizite bestehen bei der gerechten Bezahlung von Frauen: Einmal mehr weist der Equal Pay Day auf Missstände hin.

Mindestlöhne sind innerhalb Europas mittlerweile die Regel – 22 Länder haben entsprechende Untergrenzen festgelegt. Spitzenreiter ist Luxemburg mit 11,12 Euro pro Stunde, gefolgt von Frankreich (9,61 Euro), den Niederlanden (9,21 Euro), Belgien (9,10 Euro) und Irland (8,65 Euro). Deutschland liege mit 8,50 Euro „am unteren Rand“ der westeuropäischen Spitzengruppe, so WSI-Tarifexperte Thorsten Schulten.

Zahlen allein sind nur die halbe Miete. Schulten verweist in seiner Untersuchung auf die „sehr unterschiedliche Kaufkraft“ und auf Lohngefüge. Um aussagekräftigere Daten zu erhalten, setzt er den Mindestlohn und den mittleren Lohn eines Landes ins Verhältnis. Seine Analyse für 2013 zeigt, dass in vielen Ländern, auch in Deutschland, der Mindestlohn bei der Hälfte des medianen Lohns liegt.

Gehälter in der Krise 

Damit nicht genug: Thorsten Schulten fand heraus, dass Mindestlohnempfänger seit der Finanz- und Wirtschaftskrise erhebliche Reallohnverluste hinnehmen müssen. Jetzt steigen die Mindestlöhne wieder an, zuvor hatten einige Länder sogar Kürzungen durchgeführt. Da die Lebenshaltungskosten in vielen EU-Ländern kaum oder gar nicht zulegten, erhielten Mindestlohnempfänger häufig auch real ein Plus. Trotzdem, so Schulten, blieben die Mindestlöhne auf einem bescheidenen Niveau. Seiner Meinung nach sollten die Untergrenzen in der EU „auf ein Niveau angehoben werden, das internationalen Standards für ‚faire‘ und ‚angemessene‘ Löhne entspricht“. Dies könne die Lohnentwicklung in Europa insgesamt stabilisieren und damit „einen wichtigen Beitrag gegen die drohende Deflationskrise“ leisten.

Mehr Gerechtigkeit für Kolleginnen

Um faire Bedingungen zu schaffen, verdient auch die Bezahlung von Frauen einen kritischen Blick. Kolleginnen verdienen laut Statistik etwa ein Fünftel weniger als Männer. Sie müssten zusätzlich bis zum 20. März 2015, dem Equal Pay Day, arbeiten, um auf ein Salär zu kommen, das Männer in 2014 erhalten haben. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) plant deshalb ein Regelwerk zur Entgeltgleichheit von Frauen und Männern. Dieses Entgeltgleichheitsgesetz soll Unternehmen ab 500 Mitarbeitern dazu verpflichten, den Gender Pay Gap offenzulegen. Ausgearbeitete Konzepte für das Gesetzesvorhaben fehlen bislang. 

Michael van den Heuvel

Quellen:

Thorsten Schulten: WSI Mindestlohnbericht 2015 – Ende der Lohnzurückhaltung? In: WSI-Mitteilungen 2/2015. http://bit.ly/1EV8InR

Equal Pay Day 2015: http://www.equalpayday.de

 

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