21. September 2023
Was tun bei Erkrankungen im Team? Arbeitsrechtliche Tipps für die Filialleitung
Die nasskalte Jahreszeit mit vielen Atemwegsinfektionen naht. Bald stehen Krankmeldungen wieder auf der Tagesordnung. Worauf sollten Filialleiterinnen und Filialleiter achten?
Herbst und Winter stellen die Apothekenleitung, aber auch die Filialleitung, vor besondere Herausforderungen. Womöglich ziehen sich Führungskräfte selbst einen Infekt zu. Mit Sicherheit häufen sich Krankmeldungen der Mitarbeitenden und Arztbesuche. Die wichtigsten arbeitsrechtlichen Aspekte zu dem Thema hat Minou Hansen, Rechtsanwältin und Business Coach bei ADEXA sowie Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung, bei einem Live-Webinar zusammengestellt.
Rechtliche Grundlagen im Entgeltfortzahlungsgesetz
Wichtig sei, die eigene Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer sofort mitzuteilen, sagt Hansen. Im Entgeltfortzahlungsgesetz (§ 5 EFZG) ist von einer „unverzüglichen“ Meldung die Rede. Über die Arbeitsunfähigkeit selbst können Erkrankte ihre Vorgesetzten in der Regel sofort informieren, über die voraussichtliche Dauer aber erst nach Besuch ihrer Ärztin oder ihres Arztes. „Die Diagnose oder Art der Erkrankung muss nicht mitgeteilt werden“, stellt Hansen klar.
Abläufe festlegen, Ärger vermeiden
Doch ohne klare Absprachen kann es rasch zu Schwierigkeiten beim Apothekenbetrieb kommen. Deshalb sei es wichtig, zu klären, wer bei einer Erkrankung zu informieren sei – und auf welchem Wege dies geschehen solle, sagt Hansen.
Viele Apothekenleitungen fordern einen Anruf. Gegebenenfalls sind auch andere Kanäle wie Messenger-Dienste oder E-Mail denkbar. Geht die Krankmeldung ein, sollte eine Kollegin oder ein Kollege dafür verantwortlich sein, die Vertretung zu organisieren. Speziell in Urlaubszeiten von Führungskräften ist eine Vertretung für solche Aufgaben zu benennen.
Wann müssen Angestellte eine Krankmeldung vorlegen?
Mitarbeitende fragen sich oft, ob sie bei Bagatellerkrankungen wirklich in ihre Arztpraxis müssen, um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) zu bekommen. Hansen weist in dem Zusammenhang auf das EFZG hin: Dauert eine Erkrankung länger als drei Kalendertage (nicht Werktage!), ist eine AU erforderlich.
Auch laut den Rahmentarifverträgen im Apothekenbereich sind Mitarbeitende nur bei ausdrücklichem Wunsch der Inhaberin bzw. des Inhabers verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit früher nachzuweisen. Allerdings ist in vielen Arbeitsverträgen vereinbart, dass die AU bereits am ersten Tag der Krankheit vorgelegt werden muss.
Was ändert sich durch die elektronische AU?
Seit 1. Januar 2023 stellen Arztpraxen bei gesetzlich Versicherten die AU elektronisch bereit. Arbeitgebende rufen das Dokument über die jeweilige Krankenversicherung ab. „Die Meldepflicht bei der Apothekenleitung verändert sich dadurch aber nicht“, betont Hansen. PKV-Versicherte erhalten ihre Krankmeldung aber weiterhin in Papierform.
Wer im Ausland erkrankt, benötigt ab dem ersten Tag ein Attest. Das Dokument sollte nicht nur die Tatsache der Erkrankung, sondern explizit Arbeitsunfähigkeit nennen.
Welche Aufgaben übernimmt die Filialleitung bei Krankmeldungen?
Wer als Filialleiterin oder Filialleiter neu in einer Apotheke arbeitet, sollte mit der Hauptapothekenleitung umgehend besprechen, wer bei Krankheit welche Aufgaben übernimmt. Denn die Filialleitung ist dafür verantwortlich, dass die Apotheke ordnungsgemäß besetzt ist. Das bedeutet, Krankmeldungen von Mitarbeitenden sollten immer auch an die Filialleitung gehen. Und im Vorfeld ist zu klären, welche Ressourcen zur Verfügung stehen. Sind – etwa bei größeren Filialverbünden – vielleicht sogar Angestellte als Springer eingeteilt? Zu den zentralen Fragen gehört aber auch, wer elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei den Krankenkassen abruft und wer das Steuerberaterbüro informiert.
Sind Arztbesuche während der Arbeitszeit möglich?
Nicht immer führt eine Krankheit zu Arbeitsunfähigkeit. Aber womöglich stehen Arzttermine an. „Nach der tariflichen Regelung müssen Angestellte zunächst versuchen, Arztbesuche außerhalb der Arbeitszeit zu legen“, weiß Hansen. „Wenn das nicht möglich ist, etwa bei Vollzeitkräften, sind die Mitarbeitenden im erforderlichen Umfang freizustellen.“
Der tarifliche Anspruch auf bezahlte Freistellung beträgt insgesamt zwei Arbeitstage pro Kalenderjahr. Darüber hinaus ist eine unbezahlte Freistellung möglich. Die Apothekenleitung kann im Zweifelsfall Nachweise für Praxisbesuche einfordern.
Welche Rechte haben Eltern kranker Kinder?
Doch Krankheit betrifft nicht nur Apothekenangestellte selbst, sondern auch deren Kinder. Lesen Sie mehr zu diesem Thema in einer der nächsten Ausgaben der DAZ.
Michael van den Heuvel
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