Arbeitszeit

Zur Frage, was die „Zeit“ eigentlich ist, gibt es unendlich viele philosophische Betrachtungen – und sie hat in zahlreichen Redewendungen ihren Platz gefunden. So ist es ein Zeichen von Wertschätzung, jemandem seine Zeit zu schenken. Und am Ende eines Tages oder Jahres fragt man sich, wo die Zeit geblieben ist. Solche Fragen und Überlegungen haben allerdings keinen Raum im Arbeitsverhältnis. Hier muss es klare Regeln und Absprachen über die Arbeitszeiten geben, da Arbeitnehmer/innen ihre Arbeitskraft im Regelfall nur für die vertraglich vereinbarte Zeit zur Verfügung stellen wollen.

Lage der Arbeitszeit

Im Arbeitsvertrag einigen sich die Parteien als wesentlichen Vertragsbestandteil auf die – im Regelfall wöchentlich – zu leistende Arbeitszeit. Eine Mitarbeiterin verpflichtet sich zum Beispiel, für 30 Stunden in der Woche zu arbeiten, und ihre Arbeitgeberin, das für diese Zeit vereinbarte Gehalt zu zahlen. Wir empfehlen, schon die Lage der Arbeitszeiten fest im Arbeitsvertrag einzutragen, damit diese als Vertragsbestandteil feststehen und später nicht einseitig vom Arbeitgeber geändert werden können. Teilt ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter dann für weniger Stunden ein als vereinbart, befindet er sich rechtlich im sogenannten Annahmeverzug und muss trotzdem die vereinbarte Vergütung bezahlen.

Jahresarbeitszeitkonto

Etwas anders sieht es aus, wenn Chefin und Mitarbeiterin ein Jahresarbeitszeitkonto vereinbart haben. Das bedeutet, dass zwar eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit im Vertrag festgelegt wird, an der sich auch das Gehalt orientiert. Diese wird aber nicht in jeder Woche in voller Höhe abgerufen und geleistet, sondern der Umfang variiert zwischen 75 und 130 Prozent entsprechend der tariflichen Regelung (§ 4 BRTV/RTV). Viele Arbeitgeber wünschen sich dies, um zum Beispiel während der Sommerferien den Mehrbedarf flexibel abfedern zu können.

Ein Beispiel: Im Arbeitsvertrag ist eine Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich für die PKA im 8. Berufsjahr und das Tarifgehalt (ADA-Tarif) vereinbart. Gezahlt wird jeden Monat ein Betrag von 1.380,00 Euro brutto auf das Konto der PKA. Sie arbeitet allerdings in den meisten Wochen des Jahres nur 28 Stunden in der Woche. Von Mitte November bis Mitte Januar sowie während der Schulferien arbeitet sie zwischen 32 und teilweise sogar 39 Stunden in der Woche.

Wichtig ist, dass dieses Arbeitszeitkonto am Ende eines Kalenderjahres ausgeglichen ist, also keine Plus- oder Minusstunden mehr bestehen. Ebenso muss die Lage der Arbeitszeiten im Arbeitsvertrag festgehalten sein. Bei Urlaub oder Erkrankung des Mitarbeiters werden die vereinbarten Arbeitszeiten (im Beispiel also 30 Stunden) in das Konto eingestellt. Für Feiertage wird die Zeit gutgeschrieben, die normalerweise an diesem Tag gearbeitet worden wäre. Damit hier für beide Seiten Klarheit besteht, darf ein Arbeitszeitkonto nach dem Tarifvertrag nur schriftlich vereinbart werden.

Höchstarbeitszeit

Obwohl die Arbeitsbelastung für Apothekenangestellte in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, gibt es einige Fälle, in denen entweder der Mitarbeiter oder der Arbeitgeber die tarifliche Arbeitszeit für eine Vollzeittätigkeit überschreiten möchten. Hier gibt es die Schranken des Arbeitszeitgesetzes, wonach die werktägliche Arbeitszeit acht Stunden nicht überschreiten, also höchsten 48 Stunden betragen darf (§ 3 Arbeitszeitgesetz). Sie darf allerdings auf bis zu zehn Stunden pro Werktag (60 Stunden in der Woche) verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder 24 Wochen im Durchschnitt dann 48 Stunden nicht überschritten werden.

Für Jugendliche gelten allerdings engere Grenzen: Sie dürfen höchstens acht Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden in der Woche beschäftigt werden.

Auch weitere Gruppen sind besonders geschützt. So dürfen werdende und stillende Mütter nicht länger als 8,5 Stunden täglich oder 90 Stunden innerhalb von zwei Wochen arbeiten. Sind sie unter 18 Jahre alt, reduziert sich das auf acht Stunden pro Tag oder 80 Stunden innerhalb von zwei Wochen.

Für schwerbehinderte Menschen gibt es darüber hinaus keine absoluten zeitlichen Grenzen; sie müssen aber, wenn sie dies wünschen, von der Verpflichtung zur Mehrarbeit freigestellt werden.

Pausen

Ebenfalls im Arbeitszeitgesetz (§ 4) finden sich Regelungen zu den gesetzlich festgelegten Pausenzeiten. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden muss eine Ruhepause von 30 Minuten gewährt werden. Dauert die Arbeit länger als neun Stunden, müssen es 45 Minuten sein. Die Pausen müssen von vornherein feststehen, dürfen allerdings in mehrere Abschnitte von mindestens 15 Minuten aufgeteilt sein. Diese Ruhepausen werden nicht bezahlt und somit auch nicht zur Arbeitszeit hinzugerechnet.

Allerdings bedeutet das auch, dass jeder Mitarbeiter in seiner Ruhepause machen kann, was er möchte. Er muss dem Arbeitgeber nicht zur Verfügung stehen. Sofern einige Arbeitgeber also von ihrem angestellten vertretungsberechtigten Personal (Approbierte, Pharmazieingenieure oder Apothekerassistenten) verlangen, dass diese ihre Pause in der Apotheke verbringen, damit der Apothekenbetriebsordnung Genüge getan wird, ist dies arbeitsrechtlich keine Pause (§ 3 Abs. 2 BRTV). Die Zeit muss bezahlt werden und dem Mitarbeiter eine andere (Frei)zeit zur Verfügung gestellt werden.

Jugendliche wiederum erhalten bereits nach 4,5 Stunden eine 30-minütige Pause, nach sechs Stunden 60 Minuten.

Notdienste

Von den Mitarbeitern, die zum Notdienst berechtigt sind, sind darüber hinaus nach § 5 Nr. 2 BRTV/RTV auch Notdienstbereitschaften zu leisten. Jeder Mitarbeiter muss höchstens die Hälfte aller Dienste einer Apotheke abdecken. Sind mehrere notdienstverpflichtete Mitarbeiter angestellt, so müssen die Dienste unter ihnen im Verhältnis ihrer Arbeitszeiten gleichmäßig aufgeteilt werden.

Beispiel: In der Apotheke XY arbeiten neben der Apothekenleiterin die Apothekerin A mit 40 Stunden, die Pharmazieingenieurin B mit 30 Stunden und der Apotheker C mit 20 Stunden. Insgesamt sind von der Apotheke 11 Dienste im Jahr zu leisten. Wenn die Apothekenleitung sich nicht an den Diensten beteiligt, muss A 5 Dienste leisten, B 4 und C 2.

Die Notdienstbereitschaften zählen leider nicht zur Arbeitszeit dazu. Sie müssen also neben der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit geleistet werden. Allerdings besteht natürlich ein Anspruch auf Vergütung, entweder in Geld oder in Freizeit. Die Berechnungsgrundlagen finden sich in § 6 BRTV/RTV, die je Berufsgruppe zu zahlenden Beträge im Gehaltstarifvertrag Spalte 2 a/b oder 3.

Beispiel: Ein Apotheker leistet Bereitschaftsdienst am Samstag von 14:00 Uhr bis 9:00 am Sonntag.

Hier muss wie folgt berechnet werden: Der Dienst am Samstag tagsüber ist kein Notdienst, für den eine besondere tarifliche Regelung besteht. Er erhält hierfür also seine „normale“ Vergütung für 4,5 Stunden oder (nach Wahl des Apothekenleiters)  die Stunden von 14:00 bis 18:30 gutgeschrieben. Der Nachtdienst geht dann von 18:30 bis 8:00 am folgenden Morgen. Hier erhält er entweder 9 Stunden gutgeschrieben oder je einmal die Vergütung in Spalte 2a und 2b seiner Berufsjahresgruppe. Die Zeit von 8:00 bis 9:00 Uhr am Sonntag zählt als Sonntagsdienst. Hier werden ihm 60 Minuten oder die entsprechende anteilige Vergütung nach Spalte 3 des Gehaltstarifvertrags gutgeschrieben.

Die Notdienstbereitschaft gilt bereits als vergütet, wenn das Gehalt um 13 Prozent über dem Tarifgehalt liegt (§ 6 Abs. 6). Hier muss man bei den Vertragsverhandlungen mitrechnen. Abhängig von der Zahl der zu leistenden Dienste und dem Gehalt kann es sinnvoll sein, eine separate (ggf. auch zusätzliche) Bezahlung der Notdienste zu vereinbaren. Im BRTV ist in einer Fußnote zu § 6 Abs. 6 klargestellt, dass durch die Ableistung von Notdiensten die tarifliche Vergütung nicht unterschritten werden darf.

Übrigens: Sollen andere Mitarbeiter (PTA oder PKA) im Notdienst mitarbeiten, muss der Arbeitgeber ihnen die entsprechenden Zulagen für Nachtarbeit oder Sonn- und Feiertagsarbeit zahlen. Dies sind für einen Sonntagsdienst immerhin 85 Prozent.

Minou Hansen

Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung

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