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26. April 2024

Ein Teammitglied ist erkrankt: Was muss die Filialleitung jetzt tun? ADEXA-Tipps aus dem Arbeits- und Tarifrecht

In etlichen Apotheken übernimmt die Filialleitung administrative Aufgaben, wenn sich Mitarbeitende krankmelden. Minou Hansen hat bei einem Webinar zusammengestellt, worauf arbeits- und tarifrechtlich zu achten ist. Sie ist Rechtsanwältin, Business Coach und Leiterin der ADEXA-Rechtsabteilung.

Die Bearbeitung von Krankmeldungen gehört zum Tagesgeschäft vieler Filialleiterinnen und Filialleiter. Wer solche Aufgaben neu übernimmt, sollte mit der Apothekenleitung Zuständigkeiten und Abläufe einmal im Detail durchsprechen. Unabhängig davon gelten arbeits- und tarifrechtliche Rahmenbedingungen.

Mitarbeitende müssen die Apothekenleitung rasch informieren

Bei einer Erkrankung greift die Mitteilungspflicht von Angestellten. „Tariflich geregelt ist, dass Mitarbeitende die Apothekenleitung oder eine stellvertretende Person unverzüglich informieren müssen, dass sie erkrankt sind“, sagt Hansen mit Hinweis auf § 9 Abs. 3 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV).

Bei Filialverbünden sollte die Filialleitung festlegen, welches Teammitglied für Krankmeldungen zuständig ist und auf welchem Weg – meist per Telefon – Erkrankte die Apotheke kontaktieren. Auf die Filialleitung kommen jedoch weitere Fragen zu: Wer übernimmt im Krankheitsfall die Vertretung? Muss die Hauptapotheke informiert werden? Und wer gibt die Daten ans Lohnbüro weiter? Wichtige Aspekte dieser Art sind mit der Chefin oder mit dem Chef zu klären und vielleicht sogar im Qualitätsmanagement der Apotheke zu hinterlegen.

Krankschreibung oft ab dem dritten Kalendertag

Weitere Details regelt der Arbeitsvertrag. Eine Erkenntnis aus zahlreichen Verträgen, die ADEXA-Juristinnen für Mitglieder prüfen: Oft müssen sich Angestellte ihre Arbeitsunfähigkeit ärztlich bescheinigen lassen, wenn sie mehr als drei Kalendertage – nicht Arbeitstage – krank sind. In einigen Arbeitsverträgen gibt es aber auch kürzere Fristen, etwa mit der Pflicht, ab dem ersten Tag die Krankschreibung vorzuweisen. „Arbeitgebende dürfen jedoch mit ihren Mitarbeitenden unterschiedliche Fristen vereinbaren, wenn es hierfür einen Grund gibt“, stellt Hansen klar.
In Zeiten digitaler Krankschreibung reicht die Information aus, dass eine Krankschreibung vorliegt. Die Apothekenleitung kann entsprechende Unterlagen online abrufen.

Entgeltfortzahlung für sechs Wochen

Bei Krankheit haben Beschäftigte Anspruch auf Gehaltsfortzahlung für die Dauer von sechs Wochen (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz). Das gilt aber erst, wenn Arbeitsverhältnisse bereits länger als vier Wochen bestehen. Andernfalls muss Krankengeld beantragt werden.

Bei einer weiteren Erkrankung läuft die Entgeltfortzahlung erneut für sechs Wochen. Krankheiten, die sich zeitlich überlappen, werden als die gleiche Erkrankung angesehen.

Mitarbeitende wieder in den Betrieb eingliedern

Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, kommt das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) zum Zuge. Ziel ist, alle Mittel auszuschöpfen, um Angestellte wieder in Arbeit zu bringen und neuerlicher Krankheit vorzubeugen.

Der Filial- oder Apothekenleitung rät Hansen dringend, erkrankten Angestellten ein BEM anzubieten. Um alle Formalien einzuhalten, lohnt es sich, vorgefertigte Muster für die Einladung zu verwenden. „Solche Schreiben verunsichern viele Betroffene, weil sie sich unter Druck gesetzt fühlen“, so Hansen weiter. „Allerdings können Mitarbeitende ohne Nachteile ein BEM ablehnen, zum Beispiel, wenn im Moment keine Lösungsmöglichkeiten für ihre spezielle Situation abzusehen sind.“

Findet ein Gespräch statt, erörtern Vorgesetzte und Angestellte gemeinsam Lösungen, um die Rückkehr an den Arbeitsplatz zu erleichtern.

Doch warum sind BEM-Angebote aus Sicht der Apothekenleitung wichtig?  „Wird eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen, könnte ein Gericht diese bei fehlendem BEM für unwirksam erklären, weil nicht alle Mittel ausgeschöpft worden sind“, warnt die ADEXA-Juristin.

Krankheitsbedingte Kündigungen: Es gelten Spielregeln

Zum Hintergrund: In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten – Hauptapotheke und Filiale werden hier zusammengerechnet – ist eine Kündigung nur betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder personenbedingt (krankheitsbedingt) möglich. „Eine Erkrankung schützt nicht vor einer Kündigung“, sagt Hansen. Und weiter: „Vor einer krankheitsbedingten Kündigung muss nicht abgemahnt werden.“

Um eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, sind eine negative Gesundheitsprognose, eine erhebliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers und eine Abwägung aller Interessen erforderlich.

Eine Prognose gilt als negativ, wenn nicht abzusehen ist, dass Angestellte mit langfristiger Erkrankung innerhalb von 24 Monaten wieder langfristig arbeitsfähig wird. Bei häufigen Kurzerkrankungen gilt, dass Mitarbeitende innerhalb von 24 bis 36 Monaten insgesamt mindestens sechs Wochen pro Kalenderjahr arbeitsunfähig waren und kein Ende der Entwicklung in Sicht ist.

Wirtschaftliche Interessen sind beeinträchtigt, wenn die Apothekenleitung damit rechnen muss, auch zukünftig immer wieder Entgeltfortzahlung zu leisten bzw. Ersatzkräfte einzuarbeiten.
„Alles in allem muss die Apothekenleitung abwägen, ob es andere Möglichkeiten gibt, der Erkrankung entgegenzuwirken und Betroffene auf einem sogenannten leidensgerechten Arbeitsplatz einzusetzen“, erklärt die ADEXA-Expertin. „Ein fehlendes BEM-Angebot kann genau hier zum Problem werden, weil dann nicht alle Wege der Wiedereingliederung geprüft worden sind.“

Die besondere Situation schwerbehinderter Menschen

Angestellte mit Schwerbehinderung benötigen mitunter besondere Unterstützung. Das Integrationsamt hilft der Apotheken- oder Filialleitung etwa bei der Einrichtung eines individuell passenden Arbeitsplatzes. Eine Kündigung schwerbehinderter Menschen ist nur möglich, falls das Integrationsamt dieser Maßnahme zustimmt.

Alles in allem ist die Thematik ist komplex. Deshalb können sich ADEXA-Mitglieder, die als Filialleitung tätig sind oder dies planen, mit ihren Fragen an ADEXA-Juristin Minou Hansen wenden (Tel. 040/80 03 08 17) – und zwar mittwochs von 13:30 Uhr bis 14:30 Uhr.

Michael van den Heuvel

Jetzt schon vormerken: Die nächsten ADEXA-Webinare

•    Webinar für alle Berufsgruppen: Mittwoch, 29. Mai 2024
•    Webinar für die Filialleitung: Mittwoch, 28. August 2024

Weitere Informationen und Anmeldung unter www.adexa-online.de/aktuelles/termine/

 

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