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22. Februar 2023

Aus der ADEXA-Rechtsberatung: Fragen rund um die Schwangerschaft

Unter den ADEXA-Mitgliedern, die sich mit ihren Fragen und Problemen an unsere Rechtsabteilung wenden, sind immer wieder auch schwangere Apothekenangestellte. Für sie gilt ein besonderer und umfassender gesetzlicher Schutz.

„Leider kommt es mitunter vor, dass eine Apothekenleitung zum Beispiel den Kündigungsschutz mehr oder weniger kreativ auszuhebeln versucht“, berichtet Christiane Eymers. Sie ist Fachanwältin für Arbeitsrecht bei ADEXA und unterstützt Mitglieder in der Rechtsberatung. „Und wir erleben auch immer wieder, dass werdende oder stillende Mütter ein schlechtes Gewissen haben, diesen Schutz auch für sich zu beanspruchen. Er ist aber im Gesetz fest verankert und eine klare gesellschaftliche Entscheidung. Schwangere müssen sich also nicht rechtfertigen, wenn sie ihn in Anspruch nehmen – es ist eine Selbstverständlichkeit.“

Wann sage ich es meiner Apothekenleitung?

Es gibt keine gesetzliche Frist dazu, wann Sie die Leitung über die Schwangerschaft informieren müssen. In § 15 Mutterschutzgesetz (MuSchG) heißt es, dass eine schwangere Frau ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Tag der Entbindung mitteilen soll, sobald sie von der Schwangerschaft weiß. Die Formulierung „soll“ zeigt aber, dass sich die Schwangere auch anders entscheiden kann.

Doch ohne Mitteilung an die Chefin oder den Chef können diese auch nicht die möglicherweise notwendigen Schutzmaßnahmen ergreifen. Je nach Tätigkeit und Situation am Arbeitsplatz macht es deshalb Sinn, von der Schwangerschaft tatsächlich schon sehr früh zu erzählen.

Eymers: „Die Form ist dabei egal. Sie können die Schwangerschaft im Gespräch mitteilen oder auch eine schriftliche Nachricht verfassen. Wenn die Apothekenleitung es verlangt, sollte dann ein Attest über die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Entbindungstermin vorgelegt werden.“

Aber: In einem Vorstellungsgespräch müssen Bewerberinnen von einer Schwangerschaft nichts sagen. Weil die Frage unzulässig ist, dürften sie in diesem Fall sogar lügen oder ausweichend antworten.

Wann gilt der besondere Kündigungsschutz?

Der Kündigungsschutz besteht während der gesamten Schwangerschaft und dauert bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Wird im Anschluss Elternzeit genommen, so besteht der Kündigungsschutz weiterhin gemäß § 18 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).

Wichtig: Spricht die Apothekenleitung eine Kündigung aus, weil sie keine Kenntnis von einer bereits bestehenden Schwangerschaft hat, dann kann die Mitarbeiterin dies innerhalb von zwei Wochen noch nachträglich mitteilen. Die ausgesprochene Kündigung ist dann unzulässig.

Gefährdungsbeurteilung

Sobald die Apothekenleitung von der Schwangerschaft weiß, muss sie die Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz der Mitarbeiterin kontrollieren und gegebenenfalls anpassen. Dabei werden nicht nur Gefahren durch die äußeren Umstände berücksichtigt oder die Materialien, mit denen sie arbeitet. Auch psychische Belastungen spielen eine Rolle. Eymers: „Das Ergebnis der Prüfung muss Ihnen mitgeteilt werden.“ Falls eine Gefahr für Mutter oder Kind gegeben ist, müssen Tätigkeiten oder Arbeitsplatz verändert werden.

Allgemeines und individuelles Beschäftigungsverbot

Für Schwangere gelten gesetzliche Mutterschutzfristen. Für sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und acht Wochen nach der Entbindung gilt ein allgemeines Beschäftigungsverbot für alle schwangeren Mitarbeiterinnen.

Daneben gibt es die Möglichkeit, ein individuelles Beschäftigungsverbot auszusprechen, wenn die Apothekenleitung bei der Gefährdungsbeurteilung zu dem Ergebnis kommt, dass eine Gefährdung auch durch Anpassung der Arbeitsbedingungen nicht ausgeschlossen werden kann.

Mehrarbeit

In vielen Apotheken wechseln sich sehr lange Arbeitstage mit kürzeren oder freien Wochentagen ab. Die Juristin erläutert: „Schwangere dürfen nicht länger als 8,5 Stunden am Tag oder 90 Stunden in der Doppelwoche arbeiten. Wenn sie ihre Arbeitszeit von 30 Wochenstunden normalerweise an drei Tagen ableisten, so muss die Arbeitszeit umverteilt werden. Schwangere unter 18 Jahren dürfen nicht mehr als 8 Stunden täglich oder über 80 Stunden in der Doppelwoche hinaus eingesetzt werden. Und bei allen muss monatlich im Durchschnitt die arbeitsvertragliche Wochenarbeitszeit eingehalten werden.“

Nachtarbeit und Arbeit an Sonn- und Feiertagen

Schwangere dürfen keine Notdienste in der Nacht leisten und an Sonn- und Feiertagen nur dann, wenn sie sich damit einverstanden erklären. Eymers: „Natürlich muss auch hier jede Gefährdung ausgeschlossen sein.“

Gefahrstoffe

Schwangere dürfen keine Zytostatikazubereitungen herstellen und auch nicht mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fruchtschädigenden Substanzen arbeiten. Dies ist an der Kennzeichnung der Stoffe und Substanzen zu erkennen.   

Pausen und Unterbrechungen

Die Apothekenleitung muss sicherstellen, dass schwangere Mitarbeiterinnen ihre Arbeit immer unterbrechen können, wenn dies notwendig ist. Sie müssen dann die Gelegenheit erhalten, sich hinzulegen oder hinzusetzen und auszuruhen. Eymers: „Das ist besonders relevant, wenn die Schwangere hauptsächlich im Handverkauf tätig ist. Auch wenn eine Unterbrechung der Arbeit zusätzliche Wartezeit für die Kunden bedeutet, muss sie ermöglicht werden.“

Wichtig: Nach Ablauf des fünften Schwangerschaftsmonats dürfen Frauen nicht länger als vier Stunden täglich ständig stehend und überwiegend bewegungsarm beschäftigt werden (§ 11 MuSchG). Wenn also die Tätigkeit am HV-Tisch nicht beispielswiese regelmäßig durch das Holen der Medikamente oder auch durch eine Sitzmöglichkeit unterbrochen ist, ist der zeitliche Umfang beschränkt. Im Einzelfall sollte man sich an seine behandelnde Ärztin wenden.

Freistellung für Vorsorgeuntersuchungen

Dazu erläutert die Rechtsanwältin: „Schwangere müssen für die notwendigen Untersuchungen im Rahmen der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und für die Fahrtzeit zu dem Termin freigestellt werden. Ihr Gehaltsanspruch bleibt erhalten, es dürfen also keine Minusstunden eingetragen werden und sie müssen die Zeit nicht nacharbeiten.“

Rechtsberatung für Mitglieder

ADEXA-Mitglieder können sich zu allen Fragen, die während der Schwangerschaft oder in der Elternzeit auftauchen, von unserer Rechtsberatung unterstützen lassen.

Sigrid Joachimsthaler

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