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14. April 2022

Wertschätzende Teamkultur: Ein Interview mit Apothekeninhaberin Uta Mühle

Viele Inhaberinnen und Inhaber wissen, was sie an ihrem Team haben und agieren wertschätzend gegenüber ihren Angestellten. Wir stellen eine von ihnen hier im Interview vor, um zu zeigen: Gute Arbeitsbedingungen rentieren sich auch für den Betrieb.

ADEXA: Frau Mühle, in Ihren beiden Apotheken in Gotha und Georgenthal arbeiten 26 Angestellte. Was bieten Sie Ihren Teams dort für Arbeitsbedingungen?
Uta Mühle: Ich habe einen kooperativen Führungsstil. Alle Angestellten werden aktiv mit einbezogen. Sie sind in ihrem Gebiet Chefin oder Chef und werden nach ihren Zusatzqualifikationen eingesetzt.
Zum Beispiel bin ich Gründungsmitglied des Vereins Babyfreundliche Apotheke. Zum Konzept der babyfreundlichen Apotheke gehören kostenintensive Grundlagenausbildungen über mehrere Wochentage.
Mir ist es sehr wichtig, dass jeder – nach seinen Wünschen – bestmöglich ausgebildet wird. Fortbildungsurlaub ist für meine Teams selbstverständlich. Grundsätzlich übernehme ich alle Seminarkosten, Übernachtungen und Fahrtkosten. Ich versuche, jeden Fortbildungswunsch im Dienstplan zu realisieren. Nicht selten stehe ich dann für Fortbildungswillige im Handverkauf. Auch Führungskräfteseminare werden von mir bezahlt.
Auch darf im Dienstplan ohne Rücksprache mit mir getauscht werden, wenn etwas kurzfristig ansteht, ein Arzttermin winkt, das Kind einen Termin hat, eher abgeholt werden muss. Hauptsache, die Schicht steht mit ausreichend Personal.
Seit ich die beiden Apotheken habe, sind 16 Apothekenbabys geboren. Alle Mütter sind nach der Elternzeit zurückgekommen. Die Kitakosten bezahle ich zusätzlich zum Gehalt. Für meine Apothekerinnen mit Kleinkindern bin ich sehr oft der Telefonjoker, um kurzfristig deren Schicht zu übernehmen, wenn sie wegen des Kindes zu Hause bleiben müssen.
Betriebliche Altersvorsorge zahle ich seit 2006, und seit dem Rentenstärkungsgesetz 2019 noch einmal 50 Euro zum tariflich vereinbarten Arbeitgeberbeitrag dazu. Die Fahrtkosten übernehme ich, für E-Bikes läuft die Finanzierung über den Lohn. Es gibt Marpinion-Tablets und monatlich 40 Euro über eine Gutscheinkarte.

Und wie läuft die Kommunikation mit dem Team?
Regelmäßig frage ich in einem Kurzfeedback ab: Wie geht es gerade bei der Arbeit? Was läuft gerade richtig gut? Was stört, was fehlt an Arbeitsmaterial?
Für meine Angestellten bin ich außerdem zu festen Zeiten ansprechbar, immer mittwochs von 13 bis 15 Uhr und sonst nach Vereinbarung. Feedbackgespräche laufen für jedes Teammitglied mehrmals im Jahr. Teamsitzungen finden einmal im Monat statt, inzwischen aber hybrid, da sehr viele meiner Mitarbeiterinnen Kinder haben.

Welche Resonanz gibt es auf Ihren Führungsstil?
In den Feedbackgesprächen höre ich von meinen Angestellten immer wieder, wie schön und unkompliziert das Arbeiten bei mir ist. Und dass sie mich zu allem ansprechen können, egal, wo der Schuh drückt.
Das ist jeden Tag aufs Neue mein Ziel, denn ich habe in meiner eigenen Zeit als Angestellte sehr wenig Wertschätzung erfahren. Daher war es für mich der Trigger für die Selbstständigkeit, eine frohe, wertschätzende Teamkultur zu schaffen. Dafür lasse ich mich auch immer wieder selber trainieren und coachen.

Haben Sie trotz dieser guten Rahmenbedingungen Schwierigkeiten, Stellen zu besetzen?
Ich bekomme ziemlich oft Initiativbewerbungen. Bei den PTA und PKA gab es seit 2006 keine Probleme. Approbierte zu finden ist schon herausfordernder. 2015 habe ich aktiv eine Filialleitungsvertretung wegen Elternzeit suchen müssen. Ansonsten habe ich immer Approbierte gesucht, damit ich mehr Zeit habe, meine beiden Apotheken weiterzuentwickeln. Das erfolgte auch schon mal mit Hilfe eines Headhunters. Und auch hier erhalte ich Initiativbewerbungen, wie im Dezember 2021 von einem Apotheker aus Syrien. Den habe ich eingestellt, damit ich mehr Zeit fürs Administrative habe, und damit der HV immer gut abgedeckt ist, auch wenn durch Urlaub oder Krankheit gerade viele ausfallen.
Ich habe auch immer wieder Praktikanten und andere Schnuppernde. Dazu mache ich Schulveranstaltungen an Gymnasien und erzähle dort von meinem Beruf. In den letzten zwei Jahren hat das coronabedingt leider seltener stattgefunden. Deshalb mache ich jetzt verstärkt in den Sozialen Medien auf mich aufmerksam.
Zu ehemaligen Angestellten halte ich bewusst Kontakt. Das ist auch ein Baustein im Personalmanagement, denn so sind drei frühere Mitarbeiterinnen wieder zurück in den Betrieb gekommen.

Was ist Ihnen selbst bei der Einstellung wichtig? Worauf achten Sie bei den Qualifikationen?
Die Grundvoraussetzung: Man muss für den Apothekerberuf „brennen“ und das Beste für die Kunden herausholen wollen. Dazu Freundlichkeit und eine positive Grundeinstellung zum Leben. Auch ein genereller Fortbildungswille, dazu offen sein für Neues und Freude am Mitgestalten.
Der Rest ist erlernbar: Fachwissen, Kommunikationstraining, Spezialisierungen und Lernen im Team ...
Auf Noten schaue ich nie. Ich wünsche mir neue Teammitglieder, die sich bei uns wohlfühlen, gerne integrieren und unsere Werte teilen.

Was sind aus Ihrer Sicht die richtigen Strategien, damit die öffentlichen Apotheken mehr Berufsnachwuchs bekommen?
Das Bild der öffentlichen Apotheke ist nicht das Allerbeste. Die Corona-Pandemie hat mit besonderen Herausforderungen auch nicht zur Attraktivität beigetragen. Mein Personal war öfter an der mentalen Belastungsgrenze, weil die Kunden herausfordernder und leider auch aggressiver wurden.
Für Apothekerinnen und Apotheker sind auch Bereitschaftsdienste und Wochenendarbeit problematisch – vor allem im Vergleich zu den Arbeitszeiten in der Industrie oder im Krankenhaus.
In der öffentlichen Darstellung der Apotheken konzentriert man sich aber zu sehr auf das Anstrengende: die fehlende Anpassung der Honorierung, die ständig wachsenden Kosten. Das ist zwar ärgerlich, doch ich kann es ja nicht ändern. Aber mich selbst kann ich ändern und neue unternehmerische Überlegungen anstellen. Durch Controlling kann ich erfassen, wo und wie ich mehr Gewinn herausbekomme, um unter anderem die steigenden Personalkosten zu finanzieren.
Meine Strategie lautet: Positiv denken, auf die Stärken konzentrieren, sich bewusst machen, wieviel Sinn unsere Tätigkeit in der Offizin macht. Und nicht zuletzt viel öfter die Erfolge feiern, auch kleine. Wann immer es geht, junge Menschen in die Apotheke holen, unseren tollen Beruf zeigen. Praktika anbieten, ausbilden!

Womit können aus Ihrer Sicht die Präsenzapotheken am besten bei den Kundinnen und Kunden punkten, aber auch gegenüber der Politik?
Wir sind vor Ort, immer erreichbar, auch telefonisch. Wir machen Bereitschaftsdienste, sind Ansprechpartner in allen Gesundheitsfragen und haben Zeit zum Zuhören.
Wir bieten einen schnellen Zustellservice, auch über Bestell-Apps, und haben eine hohe Lieferfähigkeit. Man kann fast immer gleich das Gewünschte mitnehmen.
Außerdem sind wir ein wichtiger Netzwerkpartner im Gesundheitssystem.

Liebe Frau Mühle, vielen Dank für diese Einblicke in Ihren Apothekenbetrieb.

Fragen: ADEXA/Joachimsthaler

 

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