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24. Mai 2024

Tägliche Höchstarbeitszeiten abschaffen? Bestehende Spielräume reichen aus Expertensicht aus

Die Fraktion von CDU und CSU im Bundestag hat eine Reform des Arbeitszeitgesetzes gefordert und will die tägliche Stundenobergrenze abschaffen. Arbeitsmarktexperten halten die Flexibilität für beiden Seiten aber bereits für weitgehend und ausreichend. Darüber hinaus warnen sie vor „Risiken für Gesundheit, Vereinbarkeit und Gleichstellung im Berufsleben“.

Neben der Union würden auch FDP und Arbeitgeberverbände gern die Axt an das bestehende Arbeitszeitgesetz legen. Statt der täglichen Höchstarbeitszeit von regelmäßig nicht mehr als acht Stunden wünschen sie sich – analog zur EU-Arbeitszeitrichtlinie – lediglich ein Wochenmaximum von 48 Stunden. Man könnte also pro Tag nicht nur acht Stunden (oder in Ausnahmefällen zehn Stunden) arbeiten, sondern quasi unbegrenzt. Begründet wird das mit der Digitalisierung, der Globalisierung (unterschiedliche Zeitzonen) und der zunehmenden Nutzung des Homeoffice. 

Als Sachverständige im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hat Dr. Amélie Sutterer-Kipping vom Hugo Sinzheimer Institut für Arbeits- und Sozialrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung dazu eine Stellungnahme verfasst. Darin warnt die Juristin vor den gesundheitlichen Risiken überlanger Arbeitstage und -wochen. So steige die Unfallhäufigkeit nach der achten Stunde exponentiell an. Aber auch Konflikte um die Kinderbetreuung würden verschärft und die traditionelle Aufgabenverteilung in der Familie begünstigt.

Auch Hartmut Seifert, früherer Abteilungsleiter des WSI, hält eine Aufweichung der gesetzlichen Arbeitszeitregelungen für kontraproduktiv, gerade auch für Branchen mit Fachkräftemangel wie die Alten- und Krankenpflege. Denn längere Arbeitszeiten würde diese Jobs noch unattraktiver machen, die Beschäftigten würden also noch stärker in Bereiche mit besseren Arbeitsbedingungen abwandern. Auch die Fehlerhäufigkeit würde zunehmen, was (nicht nur) im Gesundheitsbereich ernste Folgen haben kann.

Damit geraten auch die öffentlichen Apotheken in den Blick: „Unsere Mitglieder haben mit dem Arbeitszeitgesetz einerseits einen wichtigen Schutz, aber auch ausreichend Flexibilität, um Arbeit und Familie bzw. Privatleben zu vereinbaren“, sagt ADEXA-Juristin Minou Hansen. „Wer für die Arzneimittelsicherheit der Bevölkerung zuständig ist, braucht Arbeitszeiten sowie Pausen- und Ruheregelungen, die Konzentration, Aufmerksamkeit und Empathie ermöglichen – und zwar langfristig über das gesamte Arbeitsleben bis zur Rente.“  Ihr seien aus der Rechtsberatung auch keine Fälle bekannt, in denen das Gesetz für die Arbeitnehmenden eine Barriere darstelle.  

sjo

Quellen: Böckler Impuls Ausgabe 08/2024 und 09/2024

 

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