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19. Januar 2021

Weißer Kittel, graues Haar: Ärzte und Apotheker werden immer älter

Der demographische Wandel schreitet in Deutschland stark voran. Gesundheitsberufe trifft es besonders hart, warnt die Hans-Böckler-Stiftung. Es ist höchste Zeit, Lösungen zu finden.

Deutschlands Bevölkerung wird älter – ein Phänomen, das Sozialforscher schon seit Jahren untersuchen. Wissenschaftler vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) berichten jetzt von Folgen für den Arbeitsmarkt. Im Jahr 2019 waren rund 11,4 Millionen Beschäftige 50 bis 67 Jahre alt, verglichen mit 8,7 Millionen im Jahr 2013 [1]. Das entspricht einem Anstieg um 31 Prozent.

In der Gruppe zwischen 16 und 49 Jahren verzeichnen die Forscher einen Anstieg von 20,3 auf 21,6 Millionen, also von nur plus sechs Prozent.

„Doppelte Alterung“ im Arbeitsmarkt

Susanne Drescher und Martin Brussig führen in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie zwei Ursachen an: Die geburtenstarken Jahrgänge („Babyboomer“) kommen jetzt ins Rentenalter. Außerdem sind Möglichkeiten der Frühverrentung abgeschafft worden. Dies führe zu einer „doppelten Alterung“.

Besonders stark betrifft diese Entwicklung Berufe rund um Medizin und Gesundheit, konstatieren die Autor*innen. So sei die Zahl der Beschäftigten ab 50 Jahren in den medizinischen Gesundheitsberufen um überdurchschnittliche 38 Prozent gestiegen.

Dazu weitere Zahlen: Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KVB) hat sich das Durchschnittsalter bei Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen von 51,9 (2009) auf 54,3 Jahre (2019) erhöht. Speziell bei den Hausärzten ist der Anteil über 60 mit rund 35 Prozent besonders hoch [2].

Als Durchschnittsalter für Approbierte in öffentlichen Apotheken nennt die ABDA 47,2 Jahre (2019). Bei Inhaber*innen sind es 51,5 Jahre, bei angestellten Apotheker*innen 44,7 Jahre [3]. Zum Vergleich: Als Altersdurchschnitt der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nennen Drescher und Brussig 42,1 Jahre (2019).

Starke Unterschiede je nach Kammerbezirk zeigt eine Übersicht von Apotheke adhoc mit Stand 2017 [4]. Beispielsweise waren in Schleswig-Holstein nur 3,8 Prozent der Apothekeninhaber über 63, in Baden-Württemberg aber 18,5 Prozent.

ADEXA fordert Konsequenzen

Im Apothekenbereich beobachtet ADEXA-Vorstand Andreas May den Trend schon länger. „Apotheken profitieren vom Wissen älterer Angestellter“, sagt May. Er sieht aber auch Herausforderungen, etwa durch eine tendenziell schlechtere Gesundheit. „Inhaber müssen Rahmenbedingungen schaffen, die für diese Altersgruppe förderlich sind“, ergänzt der ADEXA-Vorstand.

Gefragt seien aber vor allem langfristige Strategien: „Die größte Herausforderung sehe ich darin, Apothekenberufe für Jugendliche attraktiver zu machen“, so May. Hier gebe es noch viel Luft nach oben.

Michael van den Heuvel

Quellen

[1] Hans-Böckler-Stiftung, https://bit.ly/3iarGQo

[2] KVB, https://bit.ly/2N0GHZI

[3] ABDA, https://bit.ly/38Hpz3E

[4] Apotheke adhoc, https://bit.ly/3qlve5p

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