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18. August 2023

Höhere Ausbildungsvergütungen gegen den Fachkräftemangel – stärkster Zuwachs bei Tarifbindung

Fachkräfte sind rar, nicht nur in öffentlichen Apotheken. Viele Branchen reagieren darauf, indem sie die Ausbildungsvergütungen anheben. In Branchen ohne Tarifvertrag erhalten Auszubildende teilweise wie bisher nur die Mindestvergütung.

Tarifverträge für Ausbildungsvergütungen in Deutschland weisen erhebliche Unterschiede je nach Branche und Region auf. Die Bandbreite erstreckt sich von der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung von 620 Euro im ersten Ausbildungsjahr bis zu 1.580 Euro im vierten Jahr (Bauhauptgewerbe West), wie aktuelle Daten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigen.

Höhere Vergütungen, mehr Auszubildende?

Einige Branchen haben kürzlich tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen überdurchschnittlich stark erhöht. Das Backhandwerk verzeichnete den höchsten Zuwachs von 26,5 Prozent. Weitere Branchen wie das Gastgewerbe in Bayern, die westdeutsche Floristik und die Süßwarenindustrie in NRW kommen auf Erhöhungen von über 20 Prozent. Um mehr als zehn Prozent stiegen die Ausbildungsvergütungen im Gastgewerbe in Sachsen, in Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaft und im privaten Bankgewerbe.

Die Vergütungen sind in den meisten Branchen im letzten Jahr zwischen 2,0 und 7,5 Prozent angewachsen, während es in einigen Branchen keine Anpassungen gab. In zehn der 20 analysierten Tarifbranchen liegen die Vergütungen im ersten Ausbildungsjahr zumindest teilweise über 1.000 Euro pro Monat. Den höchsten Satz erreicht die Pflegebranche im öffentlichen Dienst der Länder mit 1.231 Euro im ersten Ausbildungsjahr.

„Die Tarifvertragsparteien reagieren hier auf sinkende Ausbildungszahlen und einen zunehmenden Fachkräftemangel, dem ohne eine deutliche Verbesserung der Vergütungsniveaus nicht entgegnet werden kann“, kommentiert der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten.

Immer noch viel Nachholbedarf

Die niedrigsten Ausbildungsvergütungen mit Beträgen von monatlich unter 800 Euro im ersten Ausbildungsjahr zahlen laut WSI-Analyse drei Tarifbranchen: die Landwirtschaft in Nordrhein (790 Euro), das Friseurhandwerk in NRW (610 Euro) und die Floristik in Ostdeutschland (585 Euro). Damit liegen die beiden letztgenannten Tarifbereiche unterhalb der derzeitigen gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung von 620 Euro und sind unwirksam.

„Trotz eines erheblichen Aufholprozesses ist das Niveau der Ausbildungsvergütung in einigen Tarifbranchen nach wie vor sehr niedrig“, sagt Schulten. „Hinzu kommen die Branchen ohne Tarifvertrag, in denen Auszubildende lediglich Anspruch auf die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung haben.“ Sein Fazit: „Um die Attraktivität bestimmter Ausbildungsberufe zu erhöhen, ist eine Stärkung der Tarifbindung dringend geboten.“

Michael van den Heuvel

Quelle

Aktuelle Auswertung des WSI-Tarifarchivs: Tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen: Zwischen 620 und 1.580 Euro im Monat – Tarifvertragsparteien reagieren mit überdurchschnittlichen Erhöhungen auf Fachkräftemangel (24.07.2023), online.

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