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08. April 2024

Rentenreform: Was ist geplant? Untergrenze für das Rentenniveau bei 48 Prozent

Die geplante Einführung einer Aktienrente als zusätzlichem Baustein der gesetzlichen Rentenversicherung hat Wellen geschlagen. Dabei sei die wichtigste Nachricht, dass das Rentenniveau künftig bei einer Untergrenze von 48 Prozent stabilisiert werden soll, sagt Florian Blank, Experte für Sozialpolitik der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Als Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im März ihr neues Rentenpaket vorstellten, gab es viel Aufmerksamkeit und Kritik am sogenannten Generationenkapital. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik würde damit ein Kapitalstock auf Grundlage von Krediten aufgebaut, dessen Renditen als Zuschuss in die Rentenkassen einfließen sollen. „Die Bundesregierung wäre sehr viel besser beraten, die Gelder in Bildung, Innovation, Infrastruktur und Daseinsfürsorge zu investieren“, schrieb dazu Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), in seiner Kolumne bei ZEIT.online. Denn das Generationenkapital werde die Höhe der Renten kaum anheben.

So wie auch Florian Blank beurteilt Fratzscher allerdings die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent als wichtig und richtig. Dazu findet man bei dem Interview mit dem Böckler-Experten einen guten Hinweis: Es ist keineswegs so, dass jede Rentnerin und jeder Rentner damit Anspruch auf 48 Prozent ihres Arbeitseinkommens als Altersrente haben. Vielmehr stellt das Rentenniveau das Verhältnis zwischen dem Durchschnittsverdienst aller gesetzlich Rentenversicherten und der durchschnittlichen Rente nach 45 Beitragsjahren dar. Es ist allerdings ein Indikator dafür, inwieweit Renten an den Anstieg von Löhnen und damit an den gesellschaftlichen Wohlstand angebunden sind. 

Bisher, so Blank, habe es einen Mechanismus gegeben, der dazu führe, dass die Renten langfristig hinter der Entwicklung der Löhne zurückblieben. Mit dem Rentenpaket solle dagegen sichergestellt werden, dass die Renten parallel zu den Gehältern wachsen.

Wie wird das finanziert?

Natürlich ist dieser Plan nicht kostenneutral. Die Bundesregierung hat sich hierbei gegen ein späteres Renteneintrittsalter entschieden. Stattdessen sollen die Beiträge in die Rentenversicherung sukzessive von jetzt 18,6 Prozent auf 22,3 Prozent im Jahr 2035 steigen.

Auch hierzu gab es Kritik, weil diese – paritätisch von Arbeitnehmenden wie Arbeitgebenden finanzierten – Rentenbeiträge von den jetzt Jüngeren getragen werden müssen, und sie außerdem die Lohnnebenkosten erhöhen.

Aber hier hält Blank dagegen: Es sei keineswegs so, dass junge Leute und aktuelle Beitragszahler nichts von einer Stabilisierung des Rentensystems hätten. Denn die Alternative sei, dass man noch stärker privat vorsorgen müsse, was auch nicht für alle Versicherten möglich sei. Der Rentenexperte bewertet das derzeitige Beitragsniveau außerdem als über eine lange Phase unerwartet niedrig.

Kein Konzept gegen die Altersarmut von Frauen

Als wichtigste Schwäche des Rentenpakets sieht Marcel Fratzscher eine mangelnde Absicherung gegen Altersarmut. Er fordert daher eine garantierte, bedingungslose Mindestrente ähnlich wie in Österreich oder den Niederlanden. Denn fast 60 Prozent der Rentnerinnen und Rentner mit sehr niedrigen Altersrenten, die eigentlich Anspruch auf die staatlich finanzierte Grundsicherung im Alter haben, würden diese aus Gründen wie Scham oder Angst nicht beantragen. Und auch die Grundrente nach mindestens 33 Beitragsjahren (und einer Einkommensprüfung) werde von nicht einmal der Hälfte der Berechtigten in Anspruch genommen.

Die niedrigen Rentenansprüche von Frauen (Gender Pension Gap) ließen sich allerdings nicht allein durch Reformen im Rentensystem ausgleichen, warnt Florian Blank. Hier gehe es vielmehr darum, die „Erwerbsarbeit und auch Sorgearbeit zwischen den Geschlechtern gerecht zu verteilen“.

DIW-Präsident Fratzscher fordert darüber hinaus „eine Reform des Ehegattensplittings und der Mitversicherung, um zumindest langfristig die Altersarmut unter Frauen nachhaltig zu reduzieren“. Außerdem müssten insgesamt mehr Menschen mit besseren Löhnen und – besonders bei Frauen – auch mit höheren Arbeitszeiten in den Arbeitsmarkt kommen, um das umlagefinanzierte Rentensystem zu stützen.

sjo


Quellen:
Chris Vielhaus: "Warum du künftig mehr für die Rentenversicherung zahlen musst – und was du davon hast." Online unter
https://perspective-daily.de/article/3034-warum-du-kuenftig-mehr-fuer-die-rentenversicherung-zahlen-musst-und-was-du-davon-hast/P2bcS9Ux

Marcel Fratzscher: "Diese Rentenreform ist für Frauen eine verpasste Chance." Online unter
https://www.zeit.de/wirtschaft/2024-03/altersarmut-frauen-rentenreform-generationenkapital

 

 

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