26. Juni 2020
Urlaub mit Hindernissen: Arbeitsrechtliche Fragen im Corona-Sommer 2020
Die Feriensaison hat begonnen, wenn auch unter Corona-Einschränkungen. Statt der erhofften Erholung gibt es aber manchmal eine böse Überraschung, zum Beispiel in Form eines Unfalls oder einer Erkrankung.
Wenn man im Urlaub akut erkrankt, kann der Gang zum Arzt nicht nur aus medizinischen Gründen Sinn machen. Denn die Tage, für die man eine ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) vorlegen kann, werden nicht auf den Jahresurlaubsanspruch angerechnet (§ 11 Abs. 8 Bundesrahmentarifvertrag bzw. § 9 Bundesurlaubsgesetz).
Anders ist es, wenn ein Familienmitglied im Urlaub erkrankt. Auch wenn ein Kind so betreuungsbedürftig ist, dass definitiv keine Erholung möglich war, gelten die Urlaubstage als verbraucht (LAG Berlin Brandenburg, Urteil vom 10.11.2010).
Nach Ablauf des Urlaubs oder – falls die Krankheit länger dauert als der Urlaub – sobald man wieder gesund ist, muss man wieder zur Arbeit erscheinen. Eine eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs ist nicht rechtens. Die Apothekenleitung muss vielmehr einen neuen Zeitpunkt genehmigen.
Urlaub im Ausland
Und was ist, wenn man ins Ausland fährt – möglicherweise sogar in ein Land, für das noch eine Reisewarnung besteht? Dazu sagt ADEXA-Juristin Christiane Eymers: „Grundsätzlich kann der Arbeitgeber für die Freizeit keine Vorschriften machen, denn dadurch würde das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt. Das gilt sowohl für die Freizeit nach Feierabend als auch für den Urlaub.
Wenn eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter erkrankt, muss die Apothekenleitung Entgeltfortzahlung leisten. Allein durch die Reise in ein Land mit Reisewarnung ist kein grobes Verschulden gegeben, mit dem die Erkrankung quasi selbst herbeigerufen wurde und das diesen Anspruch entfallen lassen könnte.
Trotzdem gibt es natürlich gute Gründe, sich an diese Warnungen zu halten. So tragen die Mitarbeiter*innen zum Beispiel das Risiko, rechtzeitig wieder in die Heimat zu kommen, und haben auch keinen Gehaltsanspruch für die Zeit einer schon vor Reiseantritt absehbaren Quarantäne nach der Rückkehr, sofern diese nicht mehr in den Urlaub fällt.“
Zu krank, um Urlaub zu nehmen?
Wer langwierig krank ist, hat aber oft andere Sorgen, als überhaupt in Urlaub zu fahren. Hier gelten besondere Regeln. Sie sollen einerseits verhindern, dass Beschäftige ihren Urlaubsanspruch einfach verlieren. Aber auch Arbeitgeber sollen davor geschützt werden, durch den Ausgleich von unter Umständen mehrjährigen Ansprüchen übermäßig belastet zu werden.
ADEXA-Rechtsanwältin Minou Hansen erläutert: „Das Bundesarbeitsgericht hat 2014 in einem Grundsatzurteil die Übertragung von Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankungen im Sinne der EU-Vorgaben geregelt. Darauf beruht auch § 11 Absatz 7 im Bundesrahmentarifvertrag: Wer seinen Urlaub krankheitsbedingt nicht im normalen Übertragungszeitraum nehmen kann, also in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres, bei dem bleibt der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen bis zum 31. März des übernächsten Jahres erhalten.“
Sigrid Joachimsthaler
Reisewarnungen und Hinweise des Auswärtigen Amtes:
www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/10.2.8Reisewarnungen
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