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01. September 2017

Warum Arbeitsorganisation so wichtig ist / Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt – Teil 2

Zu den für die psychische Gesundheit von Mitarbeitern relevanten Arbeitsbedingungen gehören die Arbeitsintensität, die zu leistende Emotionsarbeit, Störungen und Unterbrechungen sowie der Tätigkeitsspielraum. Hier sind Arbeitgeber gefragt, um entsprechende, günstige Strukturen zu schaffen.

In der Personalverwaltung von Unternehmen werden häufig Anforderungsprofile mit bestimmten Fähigkeiten oder Persönlichkeitseigenschaften festgelegt, die für eine Arbeitsaufgabe vorausgesetzt werden. Auch in öffentlichen Apotheken werden je nach Schwerpunkt oder Standort unterschiedliche Anforderungen an die Mitarbeiter gestellt. In Stellenanzeigen werden solche Profile jedoch häufig nicht näher beschrieben. Für Bewerber sind daher das Vorstellungsgespräch und ein eventuelles Probearbeiten sowie ggf. die Probezeit wichtig, um sich einen realistischen Eindruck von den Anforderungen und Arbeitsbedingungen zu verschaffen und mit den eigenen Vorstellungen und Fähigkeiten abzugleichen.     

Arbeitsintensität

Arbeitsintensität wird definiert als Beziehung zwischen Arbeitsmenge, geforderter Qualität und der Zeit, die dem Beschäftigten zur Verfügung steht. Eine hohe Arbeitsintensität gilt als zentraler Belastungsfaktor in der heutigen Arbeitswelt und steht im engen Zusammenhang mit Burn-Out, emotionaler Erschöpfung, Depression und Angst.

Sowohl individuelle Leistungsvoraussetzungen des Mitarbeiters als auch Arbeitsbedingungen und Unternehmenskultur haben einen großen Einfluss auf die subjektiv erlebte Arbeitsintensität. Bei einer guten Arbeitsorganisation und einer dem Bedarf angemessenen Anzahl an qualifizierten Mitarbeitern in der Apotheke (siehe auch § 3 ApBetrO) sollten die Arbeitsmenge und die Anforderungen, die damit zusammenhängen, jedoch kein Problem darstellen. Konkret: Die Vertretung in der Urlaubszeit muss von der Apothekenleitung mit eingeplant werden – und auch die Erkältungssaison mit krankheitsbedingten Ausfällen darf nicht völlig unerwartet kommen. Das Jahresarbeitszeitkonto nach § 4 Bundesrahmentarifvertrag (BRTV) bzw. RTV Nordrhein bietet hier beiden Seiten ein Instrument, mit dem flexibel auf den unterschiedlichen Bedarf im Jahresverlauf reagiert werden kann. 

Emotionsarbeit

Angestellte, die im häufigen Kunden- und Patientenkontakt stehen, leisten sogenannte Emotionsarbeit. Sie sollen Kunden freundlich und zuvorkommend bedienen, unabhängig davon, wie ihre eigene gefühlsmäßige Verfassung aussieht. Je stärker sich der eigene emotionale Ausdruck vom tatsächlichen Erleben unterscheidet, desto größer wird das Risiko, dass sich negative Folgen wie emotionale Erschöpfung und schlechtes körperliches Befinden einstellen. Dem beugen ein gutes Teamklima und die verständnisvolle Unterstützung von Kollegen und Leitung vor. Bei ungeklärten Konflikten im Team fällt es Mitarbeitern dagegen schwer, die eigenen negativen Emotionen auszublenden und sich dem Patienten freundlich zuzuwenden. Hier sind also Führungsqualitäten gefragt.

Störungen und Unterbrechungen

Dauerhafte Unterbrechungen und Störungen werden häufig dem Multitasking gleichgestellt. Multitasking stellt jedoch das dauerhafte Switchen zwischen mehreren Aufgaben dar.

Unterbrechungen der Arbeit sind meist mit einer zusätzlichen Aufgabe verbunden, die nicht nur die Aufmerksamkeit ablenkt, sondern auch noch andere Entscheidungen erfordert. Deshalb sind sie mit einem hohen Fehlerpotential verbunden.

Der Zusammenhang zwischen Arbeitsunterbrechungen und Medikationsfehlern wie der Abgabe eines falschen Arzneimittels wird in vielen Studien aufgegriffen. Mit Blick auf die hohe Zahl von Krankenhauseinweisungen, die durch Medikationsfehler verursacht werden, sollte dieses Risiko und der Umgang mit Unterbrechungen im Apothekenteam kritisch betrachtet werden. Dazu bieten sich zum Beispiel Teambesprechungen an, auf die sich alle Beteiligten mit Beispielen und Lösungsvorschlägen vorbereiten können.

Tätigkeitsspielraum

Das selbstständige Planen und Einteilen der Arbeit, aber auch der Pause, kann eine Ressource in der Arbeitswelt darstellen. Hier sei an die Pausenregelung in § 3 Abs. 2 BRTV erinnert, nach der Mitarbeiter ihren Aufenthaltsort frei bestimmen können. „Pausenzeiten“, die auf Anweisung der Leitung in der Apotheke verbracht werden müssen, gelten demnach als Arbeitszeit.

Ähnlich positiv wird der Faktor der „Vollständigkeit“ betrachtet: Eine Tätigkeit gilt als vollständig, wenn sie sowohl vorbereitende, ausführende und kontrollierende Aspekte beinhaltet und vom Beschäftigten selbst als sinnvoll erlebt wird. Demgegenüber wirkt sich eine sehr detailliert vorgeschriebene Aufgabendurchführung negativ auf die psychische Gesundheit aus.

Ein Beispiel zum Aspekt „Vollständigkeit“ aus dem Apothekenbereich: Mitarbeiter, die die Möglichkeit haben, Kundenaktionen von Beginn an zu planen, mitzugestalten und im Anschluss die Ergebnisse mitauszuwerten, sind motivierter als Angestellte, die lediglich die Anweisung bekommen, an den Aktionstagen dabei zu sein und Produkte zu verkaufen.

Tatiana Dikta, B.Sc. Psych. & PTA

Quelle: www.baua.de

N. Stab, S. Jahn, A. Schulz-Dadaczynski:
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Arbeitsintensität. 
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016. 

I. Schöllgen, A. Schulz:
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Emotionsarbeit. 
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016. 

P. H. Rosen:
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Aufgabenvariabilität. 
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016. 

T. Rigotti:
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Störungen und Unterbrechungen. 
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016. 

E. Bradtke, M. Melzer, L. Röllmann, U. Rösler:
Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt - Tätigkeitsspielraum in der Arbeit. 
1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 2016. 

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