News

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>

06. August 2021

Gesundheitspolitik: Was die Parteien planen. ADEXA-Prüfstein 1 zur Bundestagswahl 2021

Themen rund um die Gesundheit stehen bei allen Parteien auf der Agenda – nicht nur wegen SARS-CoV-2. Ein Blick in die Wahlprogramme. 

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, welche Stärken – und Schwächen – Deutschlands Gesundheitssystem hat. Auch stellt sich die Frage, wie es weiterhin gelingt, alle Bürgerinnen und Bürger flächendeckend zu versorgen. Mit diesen Themen haben sich alle Parteien mehr oder minder ausführlich befasst. 

CDU/CSU: „Deutschland wieder zur Apotheke der Welt machen“

CDU und CSU (Union) ziehen in ihrem gemeinsamen Programm detailliert Lehren aus den letzten Monaten. Dazu gehört unter anderem eine Reform des öffentlichen Gesundheitsdienstes und eine Stärkung des Robert-Koch-Instituts sowie der Weltgesundheitsorganisation WHO. Große Potenziale sehen beide Parteien in einer besseren Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen. 

Zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung setzt die Union weiter auf einkommensabhängige, paritätische Beiträge, auf die Eigenbeteiligung und auf Steuergelder für außergewöhnliche Leistungen, Stichwort Pandemiebekämpfung. Es soll weiterhin die gesetzliche und die private Krankenversicherung geben. „Eine Einheitsversicherung und Schritte dahin lehnen wir ab“, heißt es im Programm. 

Die Passage, man wolle „Deutschland wieder zur Apotheke der Welt machen“, bezieht sich primär auf Forschung, Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln. Ansonsten sprechen die Verantwortliche von einem „digitalen, wohnortnahen und möglichst barrierefreien Weg, zum Beispiel (…) zu Apotheken“. 

SPD: „Update für die Gesundheit“ 

Auch die Sozialdemokraten sehen Handlungsbedarf – und kommen zu teils ähnlichen Ergebnissen. Sie monieren die immer stärkere Abwanderung der Arzneimittelproduktion ins Ausland als möglichen Grund für Lieferengpässe. Sprich: Forschung und Produktion vor Ort sind zu fördern. 

Noch ein Blick auf die Versorgung selbst: Die Sozialdemokraten wünschen sich eine „Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor“ durch Aufweichen der Sektorengrenzen, etwa durch eine „stärkere Öffnung von Krankenhäusern für ambulante, teambasierte und interdisziplinäre Formen der Versorgung“. 

Ein leistungsfähiges Gesundheitssystem brauche eine „eine stabile und solidarische Finanzierung“, so die SPD. „Wir werden eine Bürgerversicherung einführen.“ Öffentliche Apotheken nennt ihr Programm nicht explizit. 

Bündnis 90/Die Grünen: Das Gesundheitssystem stärken 

Ein recht umfassendes Konzept zur Reform des Gesundheitswesens kommt auch von Bündnis 90/Die Grünen. Ihnen geht es darum, für künftige Pandemien besser gewappnet zu sein – durch umfassende Analysen zur Behebung von Schwachstellen. Schon jetzt ist für die Partei aber klar, Gesundheitsämter zu stärken und neue Digitalisierungsstrategien zu entwickeln. 

Laut ihrem „grünen Wahlprogramm“ sollen alle Menschen – in Stadt und Land gleichermaßen – gut versorgt werden, etwa durch sektorenübergreifende Ansätze. Gleichzeitig sehen die Planungen vor, Krankenhäuser „nach dem gesellschaftlichen Auftrag zu finanzieren“. Denn „falsche politische Weichenstellungen und der daraus folgende ökonomische Druck“ hätten zu Fehlanreizen für Patienten und Angestellte geführt. 

Die Grünen kritisieren auch die „Zwei-Klassen-Medizin“; sie sprechen sich stattdessen für eine Bürgerversicherung aus. Öffentliche Apotheken werden im Programm nicht ausdrücklich erwähnt. 

FDP: Heilberufe stärken – den Wettbewerb fördern 

In ihrem Wahlkampfprogramm fordern die Freien Demokraten „mehr Anstrengungen für Innovationen bei Arzneimitteln, Medizintechnik und Digitalisierung“. Außerdem sollen bei der Therapie Barrieren zwischen unterschiedlichen Sektoren eingerissen und die Bereiche besser verzahnt werden. 

Ganz im liberalen Geiste setzt sich die FDP dafür ein, dass Apothekerinnen und Apotheker  „in medizinischen Fragen autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können“. Mehr Wettbewerb zwischen Krankenkassen und ein leichterer Wechsel zwischen GKV und PKV sind ebenfalls Teil der Zukunftsstrategie. 

Interessant für Apothekenangestellte ist die Forderung, „faire Rahmenbedingungen zwischen inländischen Apotheken sowie in- und ausländischen Versandapotheken“ umzusetzen. „Ein pauschales Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel lehnen wir ab, denn alle Patientinnen und Patienten sollten eine Wahlfreiheit haben. Außerdem muss die freie Apothekenwahl jederzeit gewährleistet sein“, schreibt die FDP. 

Die Linke: „Neue, solidarische Gesundheitsversicherung“ 

„Das Allgemeinwohl muss bei Gesundheit und Pflege im Vordergrund stehen – nicht die Profitmöglichkeiten einzelner Konzerne“, schreibt die Partei Die Linke in ihrem Programm. Sie empfiehlt eine „solidarische Gesundheitsvollversicherung“, in die alle Bürger einzahlen. Beiträge sollen sich stärker am realen Einkommen orientieren. Gleichzeitig soll die Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung aufgehoben werden. Um alle Menschen medizinisch zu versorgen, macht sich die Linke für regionale medizinische Versorgungszentren stark.

Für sie ist Arzneimittelforschung eine „öffentliche Aufgabe“. Preise müssen „effektiv und per Gesetz begrenzt werden“, ohne Rabatt- oder Selektivverträge. Krankenkassen sollen alle Medikamente mit erwiesenem Zusatznutzen künftig erstatten. Die Kostenübernahme von nicht evidenzbasierten Behandlungsmethoden durch die GKV soll dagegen beendet werden. 

AfD: Plädoyer gegen Corona-Maßnahmen

Die „Alternative für Deutschland“ hat sich ebenfalls mit dem Thema Corona auseinandergesetzt. Sie lehnt die Pflicht zum Tragen einer Maske ab. „Die unverhältnismäßigen Lockdown-Maßnahmen sind unverzüglich zu beenden“, heißt es weiter. Die Partei ist auch gegen verpflichtende Impfungen, Immunitätsausweise und Tracking Apps. 

Anstelle des Fallpauschalen-Systems zur Finanzierung von Krankenhäusern kann sich die AfD Individualbudgets vorstellen, um auch strukturschwache Regionen zu versorgen. Im niedergelassenen Bereich lautet die Idee, Kopfpauschalen beziehungsweise Deckelungen der Budgets abzuschaffen und mehr Anreize für Praxen im ländlichen Raum zu schaffen. 

Bei Arzneimitteln ist geplant, Rabattverträge und Reimportquoten abzuschaffen, dafür den Festbetragsmarkt auszuweiten und Herstellerrabatte anzupassen. Ziel ist auch, die Umsatzsteuer von derzeit 19 auf sieben Prozent abzusenken. „Eine Bevorratung von rezeptpflichtigen Medikamenten für mindestens zwei Monate muss von den Herstellern sichergestellt werden“, so die AfD. „Für die Gewährleistung einer flächendeckenden und qualifizierten Versorgung mit Arzneimitteln müssen die inhabergeführten Apotheken erhalten bleiben (…).“ 

Keine Wahlempfehlung 

Mit den Beiträgen zur Bundestagswahl analysiert ADEXA Programme unter dem Blickwinkel von Angestellten. Eine Wahlempfehlung gibt die Apothekengewerkschaft nicht ab. 

Michael van den Heuvel

zurück zur Übersicht AKTUELLES >>